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Sogenannte Diagonalsperren sollen den Durchgangsverkehr aus den Kiezen aussperren.

© Imago/Jürgen Ritter

Verkehrsberuhigung in Berlin-Lichtenberg: Ein Kiez streitet über Poller und Parkplätze

Zwischen Bahnhof Lichtenberg und Nöldnerplatz soll ein Kiezblock gegen den Durchgangsverkehr entstehen. Die Meinungen gehen darüber auseinander – wie so oft in Berlin.

Von Pauline Faust

Verkehrsberuhigung verursacht Unruhe. „Wat für een Blödsinn“, kommentiert ein Anwohner. Ein anderer fragt, ob denn die Unfallstatistik im Kiez besonders dramatisch sei: „Ich wurde hier noch nie überfahren“.

Im Saal der Freikirche in der Heinrichstraße hat sich an diesem Dienstag fast der ganze Weitlingkiez versammelt und, so scheint es, auch die gesamte Lichtenberger Lokalpolitik. So kurz vor der Wahl, können die Politiker:innen hier noch einmal auf Stimmenfang geben, zudem wohnen viele von ihnen auch im Kiez.

Das Bezirksamt und die Initiative „Weitling-Kiezblock“ haben zur Informationsveranstaltung geladen. Der Einwohnerantrag zur Verkehrsberuhigung zwischen Nöldnerplatz und Bahnhof Lichtenberg wurde von der Bezirksverordnetenversammlung beschlossen. Nun sollen erste Umbauten erfolgen. In 2024 soll dann eine Studie beginnen, erste Ergebnisse aus den Umbauten könnten dort einfließen.

Ich wurde hier noch nie überfahren.

Sarkastischer Kommentar eines Anwohners

Sieben sogenannte Modalfilter sollen als Erstes kommen. Angedacht sind Diagonalsperren auf Kreuzungen. Autofahrer:innen könnten also keine Abkürzung mehr quer durch den Kiez nehmen. Für Anwohner und Lieferverkehr bliebe der Kiez offen, nur das Queren lohnt dann nicht mehr. Nur Weitling- und der Lückstraße bleiben dem Durchgangsverkehr erhalten.

Viele Einwände wegen Polizei und Feuerwehr

Zu Beginn der Veranstaltung gab es viele Einwände. Eine Sorge ist dabei, dass Polizei und Feuerwehr Probleme bekommen könnten. Die Initiative erwidert, dass diese in der Planung durch den Bezirk berücksichtigt werden.

Bedenken hat auch Sonja L., die seit über 18 Jahren im Laden „Renotti Jeans“ auf der Weitlingstraße arbeitet, in der Radwege geplant sind, wofür Parkplätze wegfallen. „Viele unserer Kunden kommen mit dem Auto“, gibt die Mitarbeiterin zu bedenken. Ohne Parkplätze sei der von einer Familie geführte Laden gefährdet. Und durch die Umlenkung des Verkehrs würde die Weitlingstraße noch mehr zur ungemütlichen Durchfahrtsstraße. „Dann machen wir dicht und was kommt dann – noch ein Imbiss?“

„Ich bin dabei!“, sagt hingegen Gönül Glowinski. Ihr gehört „Eis Kaffee“ auf der Magaretenstraße. „Wir können hier Orte schaffen, wo Menschen sich treffen möchten.“ Natürlich müsse das alles wie geplant geprüft werden, aber sagt die Eisladenbesitzerin, die Runde hier sei doch etwas zu kritisch: „Wir müssen offen sein.“ Immerhin sollen die Modalfilter auch wieder abgebaut werden, falls sie sich nicht bewähren.

Zuspruch kommt auch von einer Mutter zweier Kinder, die eine der beiden Grundschulen im Kiez besuchen. Sie empfindet die Marie-Curie-Straße als äußerst gefährlich. Nachdem sie an einer Kreuzung einen Unfall beobachtet hatte, verstärkte sich dieser Eindruck. „Mein Sohn stand nur fünf Meter weiter“, sagt sie. Mit den Modalfiltern soll auch diese Straße ruhiger werden.

Wir können hier Orte schaffen, wo Menschen sich treffen möchten.

Gönül Glowinski, Eiscafé-Betreiberin

Obwohl sich Verkehrsstadtrat Martin Schaefer (CDU) bislang eher als Gegner von Verkehrsberuhigungen zeigte, wirkte er an diesem Abend als Moderator besonders ausgleichend. Schaefer betont, dass jede Änderung mit BVG, Polizei und Feuerwehr besprochen werde. Zudem könnten die ersten Vorkehrungen auch wieder zurückgenommen werden. Da auf der Lückstraße mehr Verkehr zu erwarten ist, werde er zudem den Senat erneut bitten, die Parkspuren in Fahrspuren umzuwandeln.

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