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Berlin: Eduard Vermander scheidet Ende Juni aus dem Amt, weil ihm diverse Skandale vorgeworfen werden

Die andauernden Querelen um das Landesamt für Verfassungsschutz haben Konsequenzen: Behördenchef Eduard Vermander wird zum 1. Juli aus dem Amt scheiden und damit den Weg frei machen für einen Neuanfang.

Die andauernden Querelen um das Landesamt für Verfassungsschutz haben Konsequenzen: Behördenchef Eduard Vermander wird zum 1. Juli aus dem Amt scheiden und damit den Weg frei machen für einen Neuanfang. In der Innenverwaltung wurde der Termin gestern inoffiziell bestätigt. Mit dem Umzug des Amtes nach Schöneberg und der Neubesetzung von leitenden Stellen will Innensenator Eckart Werthebach (CDU) die Behörde reorganisieren und wieder zu einer effizienten Arbeit führen.

Vermander scheidet auf eigenen Wunsch aus dem Dienst. In Sicherheitskreisen heißt es allerdings, dass dies auch im Interesse von Werthebach geschehe, der mit der Arbeit des Amtes nicht zufrieden sei. Der Behördenleiter, dem Überforderung nachgesagt wird, soll verbittert über die permanente Kritik an der Arbeit des Geheimdienstes sein. Grüne und PDS hatten wiederholt Vermanders Entlassung gefordert. Bereits Ende 1998 hatte der seit 1995 amtierende frühere Stuttgarter Verfassungsschutz-Präsident seine Demission angeboten. Damals lehnte Werthebach, der gerade ins Amt des Innensenator gewechselt war, ab. Vermander, der im Juni seinen 63. Geburtstag feiert, geht nun in den Ruhestand.

In einem Tagesspiegel-Interview hatte Werthebach vor gut einer Woche gesagt, der Verfassungsschutz arbeite nur in Teilbereichen gut. "Die Defizite, die wir insgesamt in der Politik des Verfassunsgsschutzes beklagen, rühren daher, dass die Beschaffung von Informationen ungenügend ist." Werthebach legt deshalb besonderen Wert auf den Aufbau neuer Quellen. Als Teil der Reform will der Innensenator, der früher den Bundesverfassungsschutz führte, in den kommenden Tagen die Leiter der neu gegliederten fünf Fachbereiche benennen. Von außen soll der bisherige stellvertretende Leiter des polizeilichen Staatsschutzes Stephan Schlange-Schöningen in das Amt wechseln.

Eduard Vermander war besonders durch den Fall Dreksler in die Schusslinie der Kritik geraten. Das Landesamt hatte den Polizisten Otto Dreksler 1998 aufgrund der Angaben eines ehemaligen Stasi-Spitzels als Scientologen bezeichnet - zu Unrecht, wie sich herausstellte. Daraufhin zeigte Dreksler Vermander wegen übler Nachrede an. Weitere Vorwürfe wurden nach der Öcalan-Entführung laut. Am 17. Februar wurden vier Kurden beim Sturm auf das israelische Generalkonsulat erschossen. Am gleichen Morgen war ein kurdischer V-Mann, der die PKK-Sympathisanten beobachten sollte, frühzeitig vom Kurdentreffpunkt weg und zur Arbeit gegangen - möglicherweise hätte der Verfassunsgsschutz das Desaster verhindern können, wenn die Quelle geblieben wäre.

Der Grünen-Politiker Wolfgang Wieland stellte in diesem Herbst zudem Strafanzeige wegen "Verwahrungsbruchs". Der oberste Geheimdienstler hatte einen Aktenvermerk, der nach der Öcalan-Entführung eine mögliche Gefährdung israelischer Einrichtungen belegte, vernichtet und durch eine allgemein gehaltene Formulierung ersetzt. In beiden Verfahren wird noch ermittelt.

Der Verfassungsschutz-Experte der CDU, Andreas Gram, sagte gestern, Vermander sei ein untadeliger Mann, in die Kritik sei das gesamte Amt geraten. Die Behörde, in der viel Verunsicherung herrsche, brauche nun jemanden, der im Zweifel auch "gnadenlos durchgreifen" könne.

Holger Stark

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