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An einer Bushaltestelle vor dem Europa-Center in Charlottenburg macht die Identitäre Bewegung Werbung.

© promo

Identitäre Bewegung in Berlin: Auch Rechtsextreme kapern Werbeflächen

Am Samstag hingen in Werbekästen der Wall AG plötzlich Plakate der IB. Eine linke Gruppe war wenige Tage zuvor mit einer ähnlichen Aktion aufgefallen.

Eine Künstlergruppe gegen Kommerz hatte es vorgemacht, nun hat auch die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“ (IB) Werbeflächen des Stadtmöblierers Wall AG gekapert. Am Samstag seien in etwa 15 bis 20 Werbekästen die Plakate der IB angebracht worden, bestätigte eine Unternehmenssprecherin. Betroffen gewesen seien Flächen im Umfeld des Ku‘Damm, des Görlitzer Parks und rund um den U-Bahnhof Schlesisches Tor. Dort hat ein Zeuge am Samstagmorgen sechs junge Männer beobachtet und die Polizei alarmiert. Die sechs Männer hatten den Angaben zufolge an einer Bushaltestelle die Werbetafel geöffnet und das Werbeplakat ausgetauscht. Dann flüchtete sie in Richtung S-Bahnhof Warschauer Straße. Die Plakate seien noch am Wochenende von Mitarbeitern wieder entfernt worden, erklärte das Unternehmen.

Wall AG prüft rechtliche Schritte

Auch ein Sprecher der IB bestätigte dem Tagesspiegel die Aktion. Für die Plakate habe die IB nichts gezahlt. Ebenso äußerte sich die Wall AG: Es seien keine Werbeflächen an die IB vermietet worden - das Unternehmen würde das auch nicht tun und entsprechende Anfragen ablehnen. Die Wall AG prüfe rechtliche Schritte. Auf jeden Fall ermittelt nun bereits der für politisch motivierte Straftaten zuständige Polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt.

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Die Plakate sind auf den ersten Blick nicht zu entschlüsseln, erst auf den zweiten Blick vermittelt sich die Botschaft. Am unteren Ende ist die Internetseite der IB vermerkt. Nach Angaben der Gruppierung ist die Aktion auch in anderen deutschen Städten durchgeführt worden. Auf den Plakaten mit der Überschrift „Keine No-Go Areas“ wird die Flüchtlingspolitik und gegen eine angebliche Überfremdung der Deutschen polemisiert, ebenso gegen die "politischen Eliten“ und das „linksliberale Establishment“.

Zusammenhang mit "Ad-busting"-Video von "Rocco und seine Brüder"?

Erst in der vergangenen Woche hatte eine Aktivistengruppe, die sich „Rocco und seine Brüder“ nennt, ein Video zum sogenannten "Ad-busting" veröffentlicht. Dabei wird bezahlte Produktwerbung durch politische oder künstlerische Botschaften ausgetauscht. Das Video trägt den Titel "Der Schlüssel zur Stadt. Chapter 2: Arsch bewegen, Plakate kleben!" Es richtet sich gegen Kommerz im öffentlichen Raum.

Zu sehen ist, wie Plakate gedruckt und Sechskantschlüssel hergestellt werden, die zum Öffnen der Plakatkästen nötig sind. Im Hintergrund ist die Band „Ton Steine Scherben“ zu hören. Auf dem Plakat ist der Berliner Fernsehturm als Schlüssel abgebildet, dazu der Spruch: „Die Stadt gehört uns – auch diese Werbefläche“. Zudem waren an den Plakaten Tüten angebracht, darin: Warnwesten und Sechskantschlüssel, damit jeder Zugang zu den Werbeflächen hat. Die Gruppe war zuvor damit aufgefallen, dass sie nachts U-Bahnhöfe für Obdachlose öffnete.

Anfrage an linke Gruppe blieb unbeantwortet

Ob ein Zusammenhang zwischen der Aktion der Identitären und der eher links einzuordnenden Gruppe „Rocco und seine Brüder“ besteht, darüber wollte die Unternehmenssprecherin der Wall AG nicht mutmaßen. Klar ist aber auch: Wenige Tage nach der Veröffentlichung des Videos der „Rocco“-Gruppe wurden die Identitären aktiv. Was dagegen spricht, dass die Identitären ihre Aktion von der „Rocco“-Gruppe abgekupfert haben: Die Rechtsextremisten planen ihre Aktionen und die dazu gehörige Propaganda in der Regel generalstabsmäßig durch.

Eine Anfrage an die Gruppe „Rocco und seine Brüder“ blieb bis zum Montagabend unbeantwortet.

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