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Im Juli verabschiedete sie sich: Bei der Independence Day Party der U.S. -Botschaft zog Amy Gutmann schon mal Bilanz.

© US-Botschaft / Attila Németh

Independence Day in der American Academy: Amtszeit gegen Hass und Ausgrenzung

US-Botschafterin Amy Gutmann wird im Juli ihr Amt an den Geschäftsträger Alan Meltzer übergeben. Bei einer rauschenden Party am Wannsee in Berlin zog sie Bilanz.

| Update:

„Born In The USA“ erklingt zu den wunderschönen Feuerwerksblumen und -herzen über dem Wannsee. Mit einer ausgelassenen Party hat die US-Botschaft den 248. Nationalfeiertag schon eine Woche vor dem 4. Juli, dem eigentlichen Independence Day, mit mehr als 2000 Gästen in der American Academy am Wannsee gefeiert.

Für US-Botschafterin Amy Gutmann war es der letzte Unabhängigkeitstag in ihrer Rolle als Botschafterin in Deutschland. Im Juli tritt sie ihr Amt an Alan Meltzer ab, der als Chargé d‘Affaires die Geschäfte übernimmt.

Sie habe ihn höchstpersönlich ausgesucht, erzählte Gutmann im Rahmen eines Pressegesprächs vor den Feierlichkeiten in der Bibliothek der Academy. Und sie sei ganz sicher, dass er einen großartigen Job machen werde. Einen Botschafter wird es in dieser Amtszeit Joe Bidens damit nicht mehr geben.

Emotionale Reisen nach Feuchtwangen

Ob ein Abend historisch ist, weiß man ja immer erst hinterher. Bevor sich die Gäste auf Hot Dogs und Burger von Five Guys, auf Domino’s Pizza, Dunkin‘ Donuts, deutsch-amerikanisches Eis und Chili vom Westin Grand Hotel stürzen konnten, zog die Botschafterin Bilanz.

Zum Besten, was sie in Deutschland erlebt habe, gehöre die überaus gute Aufnahme, die sie erfahren habe. Dreimal ist sie nach Feuchtwangen gereist, in die Stadt, aus der ihr Vater einst vor den Nazis fliehen musste. Von Mal zu Mal sei der Aufenthalt dort emotionaler gewesen.

Kurt Gutmann wäre stolz gewesen

Vieles kann sie nun besser verstehen, zum Beispiel manche Essensvorlieben des Vaters, die in ihrer Kindheit in Brooklyn nicht auf Anhieb einleuchtend schienen. Wie erfreut ihr Vater gewesen wäre, sie in dieser Rolle in diesem Deutschland zu erleben, hat sie schon gelegentlich gesagt. „Kurt Gutmann wäre sowohl erstaunt als auch enorm stolz auf das, was sein Geburtsland und seine Wahlheimat gemeinsam geschafft haben.“

Nun will sie mit ihrem Mann zurück in die USA gehen. Das hatte sie bereits Mitte Mai bekannt gegeben. Michael Doyle lehrt als Professor an der Columbia University, war zwischenzeitlich auch Stipendiat an der American Academy.

In Deutschland eine neue Heimat gefunden

Zwischen den Zeilen ließ die Botschafterin, die früher Präsidentin an der University of Pennsylvania war und als Wissenschaftlerin eine höchst anerkannte Demokratie-Forscherin ist, durchblicken, dass sie sich einen Studienaufenthalt an der Academy gemeinsam mit ihrem Mann durchaus vorstellen könne.

Partystimmung pur mit Andre Schnura beim Independence Day am Wannsee.

© US-Botschaft / Attila Németh

Dass es in Sachen Demokratieförderung noch viel zu tun gibt, daran ließ sie in ihrer Abschiedsrede keinen Zweifel: „Deutschland wird immer eine Heimat für mich sein, an der Seite all derer, die aufstehen und Haltung zeigen für die Demokratie und gegen jede Form von Hass“.

Amerikanischer Optimismus versus deutsche Skepsis

Eine leichte Modifizierung des überschäumenden Optimismus, der Amerikanern normalerweise zu eigen ist, wird sie aus Deutschland auch mitnehmen in ihre Heimat.

Wo Amerikaner wetten, dass morgen schönes Wetter ist, sagen Deutsche eher, dass zwar heute die Sonne scheint, aber es morgen bestimmt regnen werde, beschrieb sie lächelnd den Mentalitätsunterschied.

Gute Nachricht, auf die ihre Vorgänger gewartet haben

Immerhin konnte sie auch eine gute Nachricht verkünden, die Generationen von Botschaftern vor ihr eingefordert haben: Unsere Zusammenarbeit hat dafür gesorgt, dass die NATO stärker ist als je zuvor. Deutschland hat seine zwei-Prozent-Verpflichtung gegenüber der NATO in diesem Jahr übererfüllt. Überhaupt fand sie viel Lob für die gute Zusammenarbeit. „Unsere koordinierte Reaktion auf Russlands grausamen Angriff auf die Ukraine lässt eine neue Einigkeit in Bezug auf unsere Ziele und unser Handeln erkennen“, sagte sie.

Schweigen ist Ungerechtigkeit. Nie wieder ist jetzt.

Amy Gutmann

„Ebenso hohe Priorität hat unsere Solidarität im Hinblick auf den Nahen Osten. Deutschland und die Vereinigten Staaten haben die abscheulichen Angriffe der Hamas auf israelische Zivilisten am 7. Oktober geschlossen verurteilt und das Recht Israels auf Selbstverteidigung unterstützt.“

Besonders beeindruckt hätten sie die Gespräche mit Holocaust-Überlebenden und über 1000 Oberschülern, „die sich weigern, im Angesicht von Hass zu schweigen. Schweigen ist Ungerechtigkeit. Nie wieder ist jetzt.“ Der gemeinsame Einsatz gegen alle Formen von Hass habe ihre Amtszeit unvergesslicher und bereichernder gemacht, als man es je hätte erwarten können.

Überflug als Zeichen der guten transatlantischen Zusammenarbeit.

© US-Botschaft / Attila Németh

Nach den Nationalhymnen beider Länder soll der Überflug einer deutschen C-130 und eines amerikanischen KC-135 Tankflugzeugs sinnlich die Stärke der transatlantischen Partnerschaft symbolisieren.

Party-Stimmung schufen Kirk Smith & The Black Tie Entertainers, Sam Martin und die American Ladies von „Stars in Concert“ aus dem Estrel-Hotel. Begeistert reagierten die Gäste auf den Auftritt des Social Media Stars und Saxophonisten Andre Schnura, der gerade während der EM zu neuen Höhenflügen angesetzt hat.

Die Welt könne sich zum Besseren wandeln, aber auch zum Schlechteren. Gerade hier im Hans-Arnhold-Center, einer Villa, deren ursprüngliche Bewohner ebenfalls vor den Nazis fliehen mussten, liegt der Gedanke nahe.

Im Gedächtnis haften bleibt das Bild der 102-jährige Ehrenbürgerin Margot Friedländer, die, neben der Bühne stehend, der Rede der Botschafterin lauschte: Zwei Frauen, die sich unermüdlich gegen Hass, Antisemitismus und Ausgrenzung einsetzen.

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