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Das Ernst von Bergmann-Klinikum in Potsdam.

© Ottmar Winter

Nach RKI-Prüfung: Verfahren gegen Ärzte des Potsdamer Bergmann-Klinikums eingeleitet

Die Stadt Potsdam greift bei der in die Kritik geratenen Klinik durch. Geschäftsführer und leitende Ärzte müssen erklären, wie es zu Corona-Infektionen kam.

Es sollte Brandenburgs Bollwerk gegen die Corona-Pandemie sein: Doch nun ist das Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann, größtes Krankenhaus im Land, Einzugsbereich einer halben Million Einwohner, mit einem Corona–Ausbruch bei Patienten und Mitarbeitern selbst größter Krisenherd der Hauptstadtregion.

Fast kein Tag vergeht, ohne dass im Klinikum ein Patient mit einer Corona-Infektion verstirbt. Allein am Dienstag meldete die Stadt fünf weitere Todesfälle am Klinikum, 21 sind es dort bisher. Insgesamt sind in Potsdam nun 27 Menschen verstorben – einer weniger als in der Millionenmetropole Berlin.

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Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), unter Druck geraten, hat nun die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Zuvor hatte ein Kriseninterventionsteam des Robert-Koch-Institutes die Vorgänge im Klinikum geprüft und einen Abschlussbericht mit Empfehlungen vorgelegt hat, wie das Virus gestoppt werden kann.

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Der Ausbruch samt Management danach, der das Klinikum zum Corona-Hotspot machte, war dem Krisenstab des Landes von der Stadt verzögert gemeldet worden. Auf einer Pressekonferenz kündigte Schubert an, dass Ordnungswidrigkeiten-Verfahren, die bereits gegen drei Ärzte wegen möglicher Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz liefen, auf die beiden Klinik-Manager ausgeweitet und der Staatsanwaltschaft zur Prüfung übergeben worden sind.

„Es könnten bei ihnen Versäumnisse bei der Meldepflicht und beim Ausbruchsmanagement vorliegen“, sagte Schubert. Die Ärzte und Klinkchefs sind nach seinen Angaben weiter im Dienst. „Es geht nicht um eine Strafanzeige, sondern um eine Klärung der Vorwürfe.“

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Am Klinikum selbst sollen externer Sachverstand und neue Abläufe helfen, die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Zuvor hatte Brandenburgs CDU-Innenminister Michael Stübgen im Tagesspiegel-Interview kritisiert, dass der Ausbruch von der Stadt Potsdam an den Landeskrisenstab zu spät gemeldet wurde. Vorigen Mittwoch war dort ein Aufnahmestopp verhängt worden.

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Bislang hatten Klinik und Stadt behauptet, dass der Ausbruch fünf Tage vorher erstmals festgestellt wurde. Doch der Verdacht, dass es früher gewesen sein könnte, erhärtet sich. Wegen Meldeversäumnissen über 14 Tage könne, wie es nun hieß, nicht klar festgestellt werden, wo und wann das Infektionsgeschehen Fahrt aufgenommen habe.

Mit dieser Entwicklung ist Potsdam mit seinen rund 180.000 Einwohnern nun der größte Corona-Problemfall in der Region. Der Anteil der Infizierten an der Bevölkerung ist hier inzwischen größer als in Berlin und als im Bundesschnitt. Nach dem internen „Lagebild Corona“ des Landeskrisenstabes – Stand 7. April – gibt es nach Tagesspiegel-Informationen in Potsdam aktuell 152 bestätigte Covid-19-Fälle je 100.000 Einwohner – in Berlin sind es 105, im Bundesdurchschnitt 119.

Im Land Brandenburg liegt der Wert bei 60,7. Aktuell werden landesweit in Brandenburg auf Intensivstationen 27 Patienten mit einer Corona-Infektion beatmet – davon elf im Bergmann. Die Potsdamer Dynamik führt inzwischen dazu an, dass Brandenburg bei der Corona-Bekämpfung im Bundesvergleich schlecht abschneidet.

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Nach einer Analyse des Max–Delbrück-Zentrums (Stand Dienstag) schneidet Brandenburg mit einer Verdopplungsrate bei den Infektionsfällen von zehn Tagen im Ländervergleich am drittschlechtesten ab, während Berlin inzwischen mit 16 Tagen, bis sich die Zahl der Infizierten verdoppelt, auf Platz drei hinter Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt liegt.

Von der Ausbreitungsgeschwindigkeit hängt auch ab, wann die Kontaktsperren gelockert werden können. In anderen Krankenhäusern, Arztpraxen und Pflegeheimen Brandenburgs ist hingegen der Mangel an Masken und Schutzkleidung das größte Problem.

In einem offenen Brief an Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), den die Gewerkschaft Verdi am Dienstag veröffentlichte, forderten Kranken- und OP-Schwestern aus mehr als 20 Krankenhäusern in Brandenburg (56 gibt es im Land) von der Kenia-Regierung Unterstützung: „Das Land Brandenburg muss einen Weg finden, Masken, Schutzkittel, Schutzbrillen, Handschuhe und Desinfektionsmittel zu produzieren – sofort!!“, heißt es in dem Brief.

Bislang findet in Brandenburg die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung von 76 Prozent die landesweiten Einschränkungen richtig, wie aus einer aktuellen Umfrage von Infratest Dimap im Auftrag des RBB hervorgeht. Mit der Kenia-Regierung sind in der Coronakrise 59 Prozent zufrieden.

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