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Katharina Günther-Wünsch (CDU), Bildungssenatorin.

© picture alliance/dpa/Jörg Carstensen

Update

„Werden keinen Antisemitismus dulden“: Berlins Bildungssenatorin unterstützt Gymnasium bei Abifeier-Absage

Wegen befürchteter Pro-Palästina-Ausschreitungen von Abiturienten sagte das Gymnasium Tiergarten die Zeugnisfeier ab. Bildungssenatorin Günther-Wünsch stellt sich hinter die Schulleitung.

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Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) unterstützt die Entscheidung der Schulleitung des Gymnasiums Tiergarten, die feierliche Zeugnisvergabe wegen drohender propalästinensischer Ausschreitungen abzusagen. „Ich stehe fest an der Seite der Schulleitung und des Lehrerkollegiums in ihren Entscheidungen“, sagte Günther-Wünsch am Freitag dem Tagesspiegel.

Die Schulleitung hatte vor einer Woche die für 5. Juli geplante Abiturfeier im prächtigen Saal des Charlottenburger Kinos „Delphi“ für alle Abiturienten abgesagt – auch im Namen der Schulsozialarbeit und nach Absprache mit der regionalen Schulaufsicht. Grund waren befürchtete „massive konfrontative politische Kundgebungen durch einen großen Teil des diesjährigen Abiturjahrgangs“ und „eventuelle Ausschreitungen“. Gerechnet wurde mit dem massenhaften Tragen des Palästinensertuchs.

„Wir werden keine Bedrohungen, Hassbekundungen und antisemitische Äußerungen dulden und weiterhin gemeinsam gegen jegliche Störungen restriktiv vorgehen. Das gilt sowohl für den Unterricht als auch für sämtliche schulische Veranstaltungen“, sagte Günther-Wünsch. „Klar ist, dass Schule kein rechtsfreier Raum ist. Schule fußt auf unseren freiheitlich demokratischen Grundwerten.“ Auf dieser Basis würden „weiterhin vielfältige Gelegenheiten zum Austausch und zum Gespräch im vertrauten und geschützten Raum geschaffen“.

Wir möchten nicht riskieren, dass ... Menschen bedroht, beleidigt oder unter Druck gesetzt werden oder ihre Sicherheit sogar gefährdet wird.

Aus einem offenen Brief des Schulkollegiums

Auch das Kollegium stellte sich klar hinter die Absage der Abiturfeier. Es veröffentlichte auf der Homepage der Schule am Freitag einen offenen Brief. Dort heißt es: „Wir als Kollegium bedauern diesen Schritt ausdrücklich. Gleichwohl stehen wir klar hinter der Entscheidung der Schulleitung, der Schulsozialarbeit und der erweiterten Schulleitung.“

Zur Begründung schreibt die Gesamtkonferenz: „Wir möchten nicht riskieren, dass im Rahmen einer Schulveranstaltung Sachverhalte unausgewogen dargestellt und Menschen bedroht, beleidigt oder unter Druck gesetzt werden oder ihre Sicherheit sogar gefährdet wird“. Dass einige Abiturient:innen für sich bereits entschieden hätten, der Veranstaltung genau deshalb fernzubleiben, bestätige „unsere Befürchtung einer festgefahrenen Situation“.

Schule prüft Alternativen für Zeugnisverleihung

Derzeit prüfen Schule und Bildungsverwaltung Alternativen für die Zeugnisübergabe. Es sei noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden, in welchem Rahmen die Abiturzeugnisse übergeben werden. „Unser Ziel ist es jedoch, einen angemessenen und würdigen Rahmen zu finden“, sagte ein Sprecher. „An diesem Ziel arbeiten wir gemeinsam mit allen Beteiligten intensiv, und es wird auch von einem Großteil der Schüler und Eltern unterstützt.“

Nach Protesten von Eltern und Schülern gegen die Absage der Feier hatte die Schulleitung am Donnerstag teilweise eingelenkt. In Gegenwart des Schulrates bot sie dem Jahrgang an, dass die Abiturienten die Zeugnisse in kleinen Gruppen in der Schule vom jeweiligen Tutor in Empfang zu nehmen könnten. Eltern sollten nicht dabei sein. Die Abiturienten hätten diese Nachricht mit Buh-Rufen quittiert, wurde anschließend berichtet.

Dass die Schulleitung sich gegen die Feier entschieden hat, wurde vergangene Woche durch einen Jahrgangs-Chat auf Whatsapp ausgelöst. Dort habe es zwei Umfragen gegeben, berichten übereinstimmend mehrere Schülerinnen und Schüler.

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Bei der ersten Umfrage sollte man mit Ja oder Nein beantworten, ob man sich „bei der Abi-Verleihung für Palästina einsetzen“ wolle. 49 von 105 Abiturientinnen und Abiturienten hätten mit „Ja“ gestimmt. Bei der zweiten Umfrage sollten sich die Abiturientinnen und Abiturienten festlegen, ob sie „standhaft bleiben, auch wenn die Lehrer was dagegen haben“. Hier sagten 45 von 105 „Ja“.

Abi-Motto-Woche wurde verboten

Vor dem Hintergrund vorangegangener Konflikte sowie handfester Störungen während der eigentlich verbotenen Abi-Motto-Woche war es dann am Freitag vor einer Woche zur Absage der Feier durch die Schulleitung gekommen. Der Schulleitung wird vor allem vorgeworfen, dass sie über die Köpfe der Schüler- und Elternschaft hinweg entschieden habe.

Einige Eltern äußerten auch Verständnis dafür, dass die Schulleitung nicht hinnehmen könne, dass eine offizielle Abizeugnisverleihung zu einer Kundgebung gegen Israel mutiere. Tatsächlich instrumentalisieren nun Israelgegner den Fall für sich.

Propalästinensische und israelfeindliche Gruppen wollen am 5. Juli vor der Schule demonstrieren. Die Gruppe „EyeforPalestine“ hat in Absprache mit Schülervertretern dazu aufgerufen. Im Aufruf zur Demo, die bei der Polizei angemeldet wurde, heißt es: „Staatsräson raus aus den Schulen! Keine Genozid-Unterstützung in unseren Klassenräumen!“, sowie: „Für ein Ende des Genozids, für ein freies Palästina“.

Die Absage der Abifeier reihe sich ein „in eine lange Liste an Repressionen in Bildungseinrichtungen, die zum Ziel haben, Palästina-solidarische Stimmen komplett mundtot zu machen“, heißt es im Aufruf. Alle Schüler sollten dabei Kufiya tragen, also die Palästinensertücher.

„Davon nehmen wir deutlich Abstand!“, betonte eine der Mütter des Abiturjahrgangs auf Anfrage. Diese Organisation mache es mit ihren Ankündigungen „schlimmer als die Situation sowieso gerade ist“. Das sei „kein friedliches Aufeinanderzugehen, sondern eine konfrontative Weise, von der man die Ausmaße noch nicht erahnen kann“. Sie wünsche sich „für alle Beteiligten eine friedliche, demokratische Lösung mit einer Kompromissbereitschaft von allen“.

Auch die Gruppe „Young Struggle“ ruft zum Protest auf. Die international operierende, marxistisch-leninistische Jugendorganisation hatte wenige Tage nach dem terroristischen Hamas-Überfall auf Israel die Gräueltaten der Islamisten als „legitimen Befreiungskampf“ bezeichnet.

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