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Historischer Hafen Berlin Mitte, der Dampfschlepper "Andreas" von Binnenschiffer Alfred Wunsch.

© Mike Wolff

Historischer Hafen Berlin: Die Stadt und das Wasser

Berlins Werden in Blicken über den historischen Spreehafen

Was für ein ungewöhnlicher Spaziergang durch die Jahrhunderte. Wie sich Berlin verändert hat, das wird auf eindringliche Weise anschaulich gemacht in diesem Buch. Aufbau, Zerstörung, ein ewiges sich neu erfinden einer Stadt, zu der unverbrüchlich die Veränderung gehört – gezeigt mit den Mitteln der Malerei. Und immer geht in diesen Bildern ganz vieler verschiedener Maler, die das Berliner Leben seit dem 18. Jahrhundert einfingen, der Blick über das Wasser. Denn ohne Wasser gäbe es Berlin nicht. Nur durch die Spree entwickelte sich der Handelsplatz zwischen Berlin und Cölln zu einer Stadt, die bereits 1360 Mitglied des mächtigen Hanse-Stadtbunds wurde. Wer weiß das schon. Ohne den historischen Hafen an jener Stelle, wo sich die Spree in zwei Arme teilt, ist Berlin nicht denkbar. Hier war später sprichwörtlich zu beobachten, wie Berlin „aus dem Kahn entstand“, weil die zumeist getreidelten Lastkähne die gebrannten Ziegel für die Mietskasernen hier anlandeten. Wolfgang Maennig kennt als Kunstsammler und Vorsitzender des Vereins historischer Hafen dessen Geschichte sehr genau. Zusammen mit seiner Schwester Barbara Maennig hat der Professor für Wirtschaft nun diese künstlerischen Blicke  vom Wasser des historischen Hafens auf die Stadt zusammengestellt. Herausgekommen ist ein Buch zum verlieren in Panoramen und Sichtachsen auf eine Stadt, die es nicht mehr gibt. Dutzende von Künstler mit ganz unterschiedlichen Stilen und aus ganz unterschiedlichen Zeiten finden sich auf den 120 großformatigen Seiten. Zu jedem farbig präsentierten Bild erzählen die Autoren die Geschichte der damaligen Entstehung. Dazu ist jeweils auf einem Berliner Stadtplan die Blickrichtung eingezeichnet, die der Künstler bei der Arbeit des Bildes vor sich hatte. Das macht die Lektüre und die Betrachtung der Malereien ungemein anregend und spannend. Das betrifft die barocke Stadtentwicklung ebenso wie die industrielle Revolution und zu sehen ist die dicht nebeneinander existierende Pracht und das Elend. Kaum etwas ist heute noch zu finden; es sind vornehmlich die über allem thronende Kuppel des Schlosses oder auch der hochaufragende Turm des alten Stadthauses. Jeder Künstler bringt seine eigene Sichtweise ein und sein zeitgenössisches Denken. Beim Abriss des Krögel, des Armenviertels an der Spree, den die Nazis als Vorbereitung zu den Olympischen Spielen 1936 niederreißen ließ, ahnt man bereits die großflächige Zerstörung Berlins im Weltkrieg. Nur die Spree fließt immer noch durch Berlin. Wie es dereinst dort aussehen wird? Eines hat sich in den vergangenen zwei Dekaden auf jeden Fall verändert: Waren früher die Ufersäume die Orte der harten Arbeit der Fischer und Flößer, und auch der elendigen Wohnquartiere, haben sie sich heute von London über Boston oder Kapstadt zu oft exklusiven Wohn- und Repräsentationszonen gewandelt. Bei all dem vergangenen Schichten Berlins ist eines nahezu tröstlich: Durch die Jahrhunderte hindurch und allen Zerstörungen und Neubebauungen zum Trotz taucht auf den Malereien immer wieder ein Kastanienbaum auf. Der ausladende Baum mit dem mächtigen Stamm steht an der Spitze der Fischerinsel und ist inzwischen 230 Jahre alt.

Der Ursprung der Stadt. Ohne den Fluss und den Hafen hätten sich Cölln und Berlin nicht entwickelt und Mitglied der Hanse werden können.

© Verlag Benteli

Der Historische Hafen Berlin. Von Barbara Maennig und Wolfgang Maennig, Verlag Benteli, ISBN 978-3-7165-1867-0, 29,90 Euro 

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