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Wetter, Fußball, Untertitel. Fast alle größeren Sender haben Videotextseiten. 18 Millionen lesen heute allein die ARD-Videotextseiten regelmäßig.

© Tsp

Altes neues Medium Teletext: Potsdamer Tafeln

Zwischen Retro-Trend, Internet und Smart-TV: Wozu wird der Videotext noch gebraucht?

RKI-Chef: 2G reicht nicht mehr... 105. Frauen-EM: Besucherrekord erwartet...207. Hallervorden beklagt das Gendern...421. Ein Blick auf Überschriften samt jeweiliger Seitenzahlen im ARD-Videotext, Stand Freitagmittag. Und die Frage: Wer liest das eigentlich, wer braucht das noch, in Zeiten von Smartphone und Tablet, die in jeder Lebenslage Infos bereithalten? Wer zappt beim Fernsehen mal eben in den Videotext? Ist das kein Anachronismus?

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Fakt ist: Auch im 41. Jahr seines Bestehens hat der Videotext nicht ausgedient. Was auch am Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) liegt, der die zentrale Federführung der Gemeinschaftseinrichtung ARD Text hat. Für Leiterin Frauke Langguth ist der Videotext das am häufigsten unterschätzte Medium. Der weiteste Nutzerkreis umfasse mehr als 18 Millionen Menschen – rund ein Viertel des Fernsehpublikums.

Wird es in Talk oder Serie mal langweilig, ist der Griff zur Fernbedienung trotz Smartphone immer noch naheliegend. Tippen auf Seite 100 (Nachrichtenüberblick), 252 (Fußball-Bundesliga!), 420 (Leute-News). Vielleicht ein Reflex aus analogen Zeiten, zu dem die ressort-artige Aufbereitung der Tafeln von 100 bis 800 (Politik, Sport, Fernsehprogramm, Kultur) in unübersichtlichen Zeiten eine Welt halbwegs im Griff verspricht.

Einfache, präzise Sprache

„Wir haben den Eindruck, dass viele Zuschauerinnen und Zuschauer dem Teletext lange und sehr verbunden sind“, sagt Langguth. Die einfache und zugleich präzise Sprache des Teletextes ermögliche eine sehr niederschwellige Nutzung. Dazu kommt noch ein weiterer Vorteil gegenüber Second Screens: die Barrierefreiheit. Teletext wurde erfunden, um Untertitel für Gehörlose auszustrahlen. Die Seite 150 im ARD Text ist bis heute die Untertitelseite – die nicht nur von Gehörlosen oder Schwerhörigen genutzt wird. Man denke an den „Tatort“ aus Wien oder einen nuschelnden Til Schweiger.

Natürlich mischt das Internet nun auch mit. Die Inhalte vom ARD Text werden eins zu eins auch online, für die mobile Nutzung, für die App sowie für Alexa ausgespielt, für blinde Zuschauer. Nach Ansage der Seitennummer liest Alexa die Meldung vor. Die beliebtesten Inhalte sind laut RBB-Zentrale Nachrichten, Sport und Programminformationen. An der Hitliste habe sich seit Jahren nichts geändert. Von manchen Inhalten, so Langguth, würden Zuschauer gerne mehr haben, zum Beispiel Coronazahlen. „Da könnten wir gar nicht genug Tabellen senden, aber unsere redaktionellen Ressourcen sind begrenzt.“

Knapp zwei Millionen Euro Etat

Der Etat von ARD Text liegt bei 2,1 Millionen Euro. Drei RedakteurInnen sitzen in Potsdam an den Tafeln, Informationen kommen auch aus der „Tagesschau“-Redaktion. Im Schnitt werden 357 Seiten täglich mindestens einmal erneuert. Das klingt rasant, kann natürlich nicht mit Social Media mithalten. Videotext steht für Unaufgeregtheit und Sachlichkeit, auch im fünften Jahrzehnt seiner Nutzung. Die Zukunft des Dienstes sieht Langguth denn auch in der Vernetzung mit anderen ARD-Angeboten sowie der Bereitschaft, sich technisch weiterzuentwickeln, vor allem mit dem Standard HbbTV, die Verbindung von Sendetechnik mit dem Internet.

Erst mal aber wird der Blick in die Vergangenheit gerichtet. Der Teletext hat kein Archiv, gesendete Seiten sind verschwunden. Nun konnte ein Leser aus Weimar aus alten VHS-Bändern, wo er zum Beispiel 1987 das TV-Programm aufgezeichnet hatte, den damals gesendeten Teletext wieder auslesen. Ab 1.12. wird ARD Text jeden Tag eine dieser historischen Seiten senden. Also doch ein wenig im Retro-Trend. Markus Ehrenberg

www.ard-text.de

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