Haben Frauen seltener ADHS?: Doku „Sick Girls“ in der ZDF Mediathek

„Ob der Philipp heute still / Wohl bei Tische sitzen will?“ Mit der gereimten Geschichte vom „Zappel-Philipp“, ein Kapitel aus dem Kinderbuch „Der Struwwelpeter“, nahm der Psychiater Heinrich Hoffmann schon im 19. Jahrhundert Aspekte der Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung, kurz ADHS, vorweg.

Dieses Syndrom, bei dem Betroffene nicht selten Chaos anrichten, wird wohl nicht zufällig am Beispiel eines Jungen illustriert. Frauen sind von dieser Problematik aber auch betroffen. Bei ihnen wird ADHS aber seltener diagnostiziert. Sie fallen oft durch das Raster.

Mit dieser Problematik hadert auch die Schweizer Filmemacherin Gitti Grüter. Eigentlich wurde ADHS schon in ihrer Jugend festgestellt. Aber was folgt daraus? Über diese offene Frage hat sie ihren ersten abendfüllenden Film „Sick Girls“ (ZDF Mediathek) gedreht. Der Besuch bei einem Berliner Psychiater rahmt ihre dokumentarische Selbsterforschung ein.

Ich habe die Diagnose seit der Kindheit. Meine Mutter sagt, das ist wurscht. Da hat der liebe Gott einen Tropfen zu viel reingetan.

Sarah, ADHS-Patientin

Sukzessive erweitert sich die Perspektive durch Begegnungen mit fünf betroffenen Frauen, die offenherzige Einblicke in ihre Krankengeschichten geben. Übereinstimmend berichten sie, wie das Wirken innerer Dämonen ihr Verhalten beeinflusst. Ihre Konzentrationsfähigkeit wird getrübt. Wider besseres Wissen werden sie übergriffig.

Wie es sich für die Betroffenen anfühlt, wenn die Achterbahn im Kopf unerträglich wird, lässt die Filmemacherin zuweilen auch den Zuschauer durch die torkelnde Kameraführung spüren.

Der Schwerpunkt liegt jedoch auf sensibel geführten Gesprächen. Die dokumentarische Betrachtung zeichnet Frauenporträts von selten gesehener Intensität. Der Film lässt den Betrachter erahnen, warum es bei dieser Thematik keine Patentlösungen gibt.