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 In Hamburg lebende Journalistinnen und Journalisten aus der Türkei stehen mit einem schwarzen Kranz vor dem Türkischen Konsulat. Die symbolische Aktion sollte ein Zeichen für Pressefreiheit und Solidarität mit inhaftierten Kollegen setzen.

© dpa

Reporter ohne Grenzen: Weltweit 50 Journalisten wegen Berichterstattung getötet

Die Pressefreiheit geriet auch 2020 weltweit unter Druck. Laut Jahresbilanz von Reporter ohne Grenzen saßen fast 400 Berichterstatter in Haft.

In vielen Ländern zahlen Journalisten und Medienschaffende für eine freie und unabhängige Berichterstattung mit ihrem Leben oder mit ihrer Freiheit. Zum Jahreswechsel wurde in China die Bloggerin und Bürgerjournalistin Zhang Zhan zu vier Jahren Haft verurteilt. Ihr Vergehen: Sie hatte mit Videos aus dem chinesischen Corona-Epizentrum der Weltöffentlichkeit die Kehrseite der Pekinger Staatspropaganda gezeigt.

Der Deutsche Journalisten-Verband sprach von einem „willkürlichen Unrechtsurteil“. Nach der am Dienstag in Berlin veröffentlichten Jahresbilanz der Pressefreiheit 2020 der Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) verloren 50 Berichterstatter im zu Ende gehenden Jahr sogar ihr Leben, weil sie ihrem Beruf nachgingen. Im Vorjahr waren es 53.

Zwei Drittel von ihnen starben - zum Stichtag 15. Dezember - laut Bericht außerhalb von Konfliktregionen. Nur ein einziger wurde im Ausland getötet, alle anderen in ihren Heimatländern. Zwei der Getöteten waren Frauen. Und mit der Hinrichtung von Ruhollah Sam im Iran am 12. Dezember wurde erstmals seit 30 Jahren wieder ein Medienschaffender hingerichtet. Damit stieg die Zahl der Journalisten, die bei ihrer Tätigkeit gewaltsam zu Tode kamen, in den vergangenen zehn Jahren weltweit auf mindestens 937 Menschen.

„Kritisch über Korruption, Mafia oder Umweltzerstörung zu berichten, ist in viel zu vielen Ländern lebensgefährlich für Journalistinnen und Journalisten“, sagte RSF-Vorstandssprecher Michael Rediske. „In Ländern wie Mexiko, Irak oder Pakistan können mächtige Kriminelle, extremistische Gruppen und zum Teil auch korrupte Politikerinnen und Politiker immer noch damit rechnen, mit solchen Verbrechen ungestraft davonzukommen“. Diese Taten sind laut Rediske zugleich „ein Anschlag auf das Recht aller Menschen, sich frei und unabhängig zu informieren“.

Wie viele von ihnen hatten sich infolge ihrer Arbeit infiziert?

Mexiko bleibt für Berichterstatter das gefährlichste Land. Seit 2015 wurden dort jedes Jahr acht bis elf Journalisten ermordet. Viele von ihnen recherchierten über Verbindungen von Drogenkartellen zu Politikern. Nach RSF-Angaben zeugen die jüngsten Morde von besonderer Brutalität: Die Leiche eines Zeitungsjournalisten wurde geköpft gefunden; die eines Online-Journalisten zerstückelt. Das Zweitgefährlichste Land Lateinamerikas bleibt Honduras mit drei Journalistenmorden.

Im Irak verloren 2020 sechs Journalisten ihr Leben; mehrere von ihnen, als sie über Demonstrationen berichteten. Andere wurden laut Bericht auf offener Straße ermordet, ohne dass anschließend auch nur ernsthaft ermittelt wurde. Straflos blieben demnach auch die Verantwortlichen, die in Afghanistan mindestens fünf Medienschaffende ermordeten. Bedrohlich sei die Situation dort nicht zuletzt für Journalistinnen. „Das bestätigte jüngst der Mord an einer bekannten Fernsehmoderatorin, die sich auch für einen besseren Schutz weiblicher Medienschaffender eingesetzt hatte“, heißt es in dem Bericht.

In Indien kamen vier Reporter gewaltsam ums Leben. Verbrecherbanden versuchen, sie dort durch grausame Morde von Recherchen zu ihren Machenschaften abzuhalten. Laut RSF verbrannten sie einen Reporter bei lebendigem Leib, nachdem er Korruptionsvorwürfe aufgedeckt hatte. Auch auf den Philippinen leben Journalisten besonders gefährlich: In jedem Jahr seit 2017 kamen mindestens drei Journalisten in direktem Zusammenhang mit ihrer Arbeit gewaltsam zu Tode.

Zusätzlich verloren laut Jahresbericht Hunderte Journalisten weltweit an oder mit Covid-19 ihr Leben. Wie viele von ihnen sich infolge ihrer Arbeit infiziert hatten, blieb offen. Aber mindestens drei Journalisten seien dem Virus wegen mangelnder ärztlicher Versorgung erlegen, nachdem sie sich mutmaßlich in Gefängnissen in Ägypten, Russland und Saudi-Arabien infiziert hatten.

Laut Bericht saßen im Berichtzeitraum mindestens 387 Journalisten und andere Medienschaffende wegen ihrer Arbeit im Gefängnis. Mehr als die Hälfte von ihnen in nur fünf Ländern: China, Saudi-Arabien, Ägypten, Vietnam und Syrien. 54 Journalistinnen und Journalisten galten als entführt, vier sind 2020 verschwunden. (KNA)

Christoph Scholz, KNA

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