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Stadtansicht mit dem 100 Meter hohen Baiterek-Turm in der Mitte in der kasachischen Hauptstadt Astana.

© dpa/Rainer Jensen

„Olympische Spiele Zentralasiens“: So bereitet sich Kasachstan auf die „World Nomad Games“ vor

Im September sollen die „World Nomad Games“ in Kasachstan stattfinden. Pferde, Falken und starke Männer: Die Spiele sollen das Bewusstsein der Nationen stärken. Die Stadt Astana wird dafür ausgebaut.

Sergei Zirulnikow verbiegt einen Nagel mit den bloßen Fingern, dann nimmt er sich ein Hufeisen vor, das Publikum applaudiert. Der starke, bärtige Mann ist Botschafter für die „World Nomad Games 2024“, die vom 8. bis 13. September in Astana ausgetragen werden.

Die Vorfreude in der Hauptstadt Kasachstans ist so groß wie die neuen Hochhäuser der Stadt. Man will sich der Welt präsentieren, oder zumindest Zentralasien, wo die Sportveranstaltung, die alle zwei Jahre ausgetragen wird, mit den Olympischen Spielen in Europa verglichen werden kann.

An diesem Tag im März in Astana zeigen die Verantwortlichen einer Gruppe internationaler Journalistinnen und Journalisten, wie sich die Stadt auf die Spiele vorbereitet. Wettkämpferinnen und Wettkämpfer aus über 100 Ländern messen sich in 20 Sportarten, die in Deutschland weitestgehend unbekannt sind.

Der Abu Dhabi Plaza in der Mitte Astanas.

© Robert Klages

„Wissenschaft, Sport und Kultur“ sollen die Spiele sein: Bogenschießen, allerdings vom Pferd aus, ist eine der Disziplinen. Generell spielen Pferde eine große Rolle: Beim „Kokpar“ muss ein Reiter in vollem Galopp kleine Sandsäcke vom Boden aufheben.

„Kokpar“, eine traditionelle Pferdesportart in Kasachstan.

© Robert Klages

Beim „Horsepack Wrestling“ ringen zwei Männer auf Pferden gegeneinander, und Pferde-Polo gibt es auch, was für die Tiere nicht unbedingt der angenehmste Zeitvertreib sein dürfte. In Kasachstan sind es Nationalsportarten, die zuerst von Nomadenstämmen in den Wüsten praktiziert wurden. Die Unesco hat einige der Disziplinen zum immateriellen Welterbe erklärt.

Traditionelle Jurten und moderne Prachtbauten in Astana.

© Robert Klages

Es folgen neben diversen Kampf- und Kraftsportarten, sowie dem traditionellen Falkenfliegen, auch Denksportspiele. „Oware“ zum Beispiel ist ein abstraktes Strategiespiel, das „Schach des Orients“ genannt wird und auch in Afrika traditionell gespielt wird, es ist Nationalspiel in Ghana.

Es ist eine Zusammenkunft der Völker und eine Besinnung auf das nationale Erbe.

Botschafter Sergei Zirulnikow über die „World Nomad Games 2024“

„Astana“ ist das kasachische Wort für Hauptstadt. Im September erwartet die Stadt mit rund 1,3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner inmitten der kasachischen Steppe über 100.000 Gäste aus aller Welt. Vor allem in der Mongolei, Türkei, Aserbaidschan, China und Kirgisistan ist das Event ein großes Fest.

Verbiegt Dinge: Sergei Zirulnikow.

© Robert Klages

Das Zentrum Astanas besteht aus prunkvollen Hochhäusern und weitläufigen Plätzen. Noch bis 2022 hieß die Stadt „Nur-Sultan“, zu Ehren des langjährigen Präsidenten Nursultan Nasarbajew. Am 17. September 2022 benannte der neue Amtsinhaber Kemeluly Toqajew die Stadt um in Astana.

Noch immer wird Kasachstan autoritär regiert, Astana soll auch die Zeitenwende hin zur Moderne symbolisieren, die neue Freiheit für alle Kasachen zeigen, wie Politiker des Landes immer wieder betonen. Für die World Nomad Games stehen das Hippodrome und die Astana Arena mit Platz für 30.000 Zuschauende zur Verfügung.

Falken spielen eine große Rolle in der Tradition Kasachstans.

© Robert Klages

Neuer Höhepunkt in der beeindruckenden Skyline Astanas ist der Abu Dhabi Plaza mit 75 Etagen auf 310 Meter Höhe. Zu den World Nomad Games soll das Hochhaus fertig sein und erstmals Gäste in den Hotels beherbergen. Neben den Spielen finden zahlreiche Konferenzen statt, die sich zum Beispiel mit der Tradition und der Zukunft des Landes beschäftigen werden.

21 Sportler aus Deutschland

Die „Nomad Games“ sind in den letzten Jahren massiv angewachsen. Im Jahre 2014 wurden sie zum ersten Mal in Kirgisistan ausgetragen, mit 583 Athletinnen und Athleten. 2022 im türkischen Iznik waren es schon 3000. Aus Deutschland werden in diesem Jahr 21 Sportlerinnen und Sportler erwartet, darunter der Bogenschützenverein „Thumb Archery Germany“ aus Bayern.

Russland nimmt ebenso teil wie die Ukraine - dort sind die „Nomad Games“ zwar präsent, aber kein großes Ereignis. Eine politische Diskussion soll es nicht geben, Kasachstan will sich rein auf den Sport konzentrieren. Aus Israel haben noch keine Teilnehmenden zugesagt.

„Es geht nicht nur um den Sport und die Medaillen“, sagt Sergei Zirulnikow beim Abschlussessen der Veranstaltung, es gibt Pferdefleisch, das traditionelle Mahl. „Es ist eine Zusammenkunft der Völker und eine Besinnung auf das nationale Erbe.“ Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 sind die Nomad Games für die zentralasiatischen Staaten ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einem nationalen Bewusstsein.

Die Zentralmoschee in Astana fasst 25 000 Personen und ist die größte Zentralasiens.

© Robert Klages

Derzeit hat man in Kasachstan zunächst weiterhin mit den Auswirkungen einer Flut zu kämpfen. Über 100.000 Menschen waren evakuiert worden. Noch lange wird das Land mit Aufräumarbeiten beschäftigt sein. Im September, zu den Nomad Games, soll das Leid vergessen sein.

Kasachstan rechnet mit Kosten von rund 16,5 Millionen Euro für die diesjährige Veranstaltung, man ist stolz, die Spiele erstmals ins Land zu holen. Der Eintritt soll weiterhin frei sein, wie es die Tradition vorschreibt.

Der Autor dieses Artikels befand sich im März auf einer Pressereise in Kasachstan.

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