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Alleinerziehende sind häufiger von Armut bedroht als Paarfamilien (Symbolbild).

© dpa / dpa/Marcel Kusch

Alleinerziehende in der Armutsfalle: 40 Prozent der Haushalte mit nur einem Elternteil von Armut bedroht

Fast 700.000 Alleinerziehende in Deutschland gelten als einkommensarm. Besonders betroffen sind Mütter, erklärt die Bertelsmann Stiftung. Schuld seien ausfallende Unterhaltszahlungen.

Alleinerziehende sind häufiger von Armut bedroht als Paarfamilien. Fast 700.000 Haushalte mit nur einem Elternteil gelten als einkommensarm, wie die Bertelsmann Stiftung am Dienstag in Gütersloh bei der Präsentation ihres „Factsheets Alleinerziehende“ erklärte. Das seien mehr als 40 Prozent. Bei den Paarfamilien seien bei einem Kind 8 Prozent armutsgefährdet, bei drei und mehr Kindern seien es rund 30 Prozent.

Für alleinerziehende Mütter sei das Armutsrisiko besonders hoch. Expertinnen der Stiftung mahnten „eine grundsätzliche Neubestimmung“ der Leistungen für Familien an.

Knapp die Hälfte aller Kinder, die in einer Familie mit Bürgergeldbezug aufwachsen, lebten mit nur einem Elternteil zusammen, erklärte die Stiftung. Der Anteil von Alleinerziehenden-Haushalten, die Bürgergeld beziehen, sei in Bremen mit 55 Prozent am höchsten und in Thüringen mit 27 Prozent am niedrigsten.

Die Armutsfalle für Alleinerziehende sei jedoch nicht auf Erwerbslosigkeit zurückzuführen, hieß es. Mehr als 70 Prozent der alleinerziehenden Mütter und 87 Prozent der alleinerziehenden Väter gingen einer Arbeit nach. Für alleinerziehende Mütter sei das Armutsrisiko besonders hoch, erklärte die Stiftung. Zudem schulterten sie den Großteil der Kinderbetreuung.

1,7 Millionen
Menschen in Deutschland waren laut Bertelsmann Stiftung im Jahr 2023 alleinerziehend.

Wesentlicher Grund für eine finanziell schwierige Situation vieler Alleinerziehenden seien ausfallende Unterhaltszahlungen. Trotz einzelner sinnvoller Maßnahmen wie Reformen des Unterhaltsvorschusses und des Kinderzuschlags sei es noch immer nicht gelungen, die belastende Situation für viele Alleinerziehende entscheidend zu verbessern, sagte Antje Funcke, Expertin für Familienpolitik bei der Bertelsmann Stiftung.

Als einkommensarm gelten laut der Stiftung jene, die in einem Haushalt leben, der Sozialleistungen erhält. Haushalte, die über weniger als 60 Prozent des gemittelten Einkommens verfügten, würden als armutsgefährdet eingestuft.

Für den „Factsheet Alleinerziehende“ wurden nach Angaben der Stiftung unter anderem Daten vom Statistischen Bundesamt und der Bundesagentur für Arbeit aus dem Jahr 2023 verwendet.

Stiftung fordert Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern

Rund 1,7 Millionen Menschen seien im Jahr 2023 in Deutschland alleinerziehend gewesen, erklärte die Stiftung. Einen Anstieg habe es unter anderem durch Geflüchtete aus der Ukraine gegeben. Unter ihnen befänden sich viele Mütter mit ihren Kindern. In Ostdeutschland sei der Anteil der Alleinerziehenden mit 25 Prozent höher als in westdeutschen Ländern mit einem Anteil von 19 Prozent.

Zwar sei der Anteil alleinerziehender Väter inzwischen gestiegen und habe 2023 bei 18 Prozent gelegen. Doch noch immer seien acht von zehn Alleinerziehenden Frauen.

Für eine Verbesserung für Alleinerziehende empfahl die Bertelsmann Stiftung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Dazu gehöre eine Infrastruktur in Form guter Kitaplätze und verlässlicher Ganztagsbetreuung in der Schule. Ebenso wichtig seien flexiblere Arbeitszeitmodelle seitens der Unternehmen. Zudem sollte die Politik Anreize für Väter erhöhen, mehr Verantwortung für ihre Kinder und Care-Arbeit zu übernehmen.

Nötig ist nach Einschätzung der Stiftung auch eine bessere finanzielle Unterstützung. Der aktuelle Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung sei zwar ein wichtiger Schritt und werde vor allem die Situation von Alleinerziehenden im Bürgergeldbezug verbessern, erklärte Sarah Menne von der Bertelsmann Stiftung. Die Grundsicherung werde jedoch bei Weitem nicht reichen, um alleinerziehende Familien aus der Armutsfalle zu befreien. (epd)

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