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Anwohner können nun unter bestimmten Umständen von Straßenverkehrsbehörden verlangen, dass sie gegen Autos auf Gehwegen vorgehen.

© Imago/Funke Foto Services/Kerstin Kokoska

Urteil zum Parken: Anwohner können Maßnahmen gegen Autos auf Gehwegen fordern

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts könnte weitreichende Folgen haben, setzt Städte und Gemeinden unter Druck. Allerdings lassen die Leipziger Richter Behörden Spielraum.

Zwei Räder auf der Straße, zwei auf dem Gehsteig – für Anwohnerinnen und Anwohner sind Pkw auf dem Bürgersteig ein großes Ärgernis. Sie können nun unter bestimmten Umständen von Straßenverkehrsbehörden verlangen, dass sie gegen Autos auf Gehwegen vorgehen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Donnerstag entschieden.

Voraussetzung ist, dass die Nutzung des Gehwegs vor der eigenen Haustür erheblich eingeschränkt ist. Der Anspruch der Anwohner ist räumlich begrenzt.

Städte- und Gemeindebund sieht nun Rechtssicherheit

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) begrüßte die Entscheidung. Das Urteil schaffe Rechtssicherheit für Straßenbehörden, kommunale Ordnungsämter, Bewohnerinnen und Bewohner und nicht zuletzt für Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, teilte der Verband am Freitag mit.

Der DStGB fordert nun einen anderen Rechtsrahmen für die Kommunen, um die Aufteilung und Nutzung des öffentlichen Raums anzugehen. „Natürlich müssen Parkplätze für jene vorhanden sein, die auf ihr Auto angewiesen sind“, hieß es in der Stellungnahme des Verbands.

Es müssten aber auch Alternativen zum Auto gestärkt werden, also Radfahrer und Fußgänger sowie der öffentliche Personennahverkehr. „Die dringend notwendige Novellierung des Straßenverkehrsgesetzes würde den Kommunen mehr Handlungsspielraum geben.“ 

Kläger Wolfgang Köhler-Naumann aus Bremen sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Es ist ein Novum in der deutschen Rechtsprechung, dass man bei Behinderung durch illegales Gehwegparken das Recht hat, zu fordern, dass die Kommune einschreiten muss.“

Der ökologische Verkehrsclub VCD teilte mit: „Alle deutschen Städte, die beim Gehwegparken die Augen zugedrückt haben, müssen jetzt umdenken.“ Die Kommunen seien aufgefordert, die Straßenverkehrsordnung durchzusetzen. Die Deutsche Umwelthilfe forderte Städte und Gemeinden auf, Ordnungsgelder zu verteilen oder Autos abschleppen zu lassen.

Geklagt hatten fünf Eigentümer aus Bremen gegen die Stadt. Über das sogenannte aufgesetzte Parken mit zwei Rädern auf dem Bürgersteig wurde in Bremen seit mehreren Jahren gestritten. Ohne Erlaubnis ist dieses verboten. In vielen deutschen Kommunen wie Bremen ist das aufgesetzte Parken dennoch verbreitet und Behörden dulden es.

Jurist nennt Urteil zum Parken wegweisend

„Gewonnen haben die Kläger auf jeden Fall“, sagte der Fachanwalt für Verwaltungsrecht Henning J. Bahr der Deutschen Presse-Agentur. Die Stadt Bremen werde verpflichtet, tätig zu werden.

Die Kläger hätten allerdings nicht erreicht, dass sich die Stadt direkt um ihre Straßen kümmern müsse. Die Kommune könne in einem Konzept am stärksten betroffene Straßen priorisieren. Der Jurist nannte die Entscheidung „wegweisend“.

Das Bremer Mobilitätsressort, das von Özlem Ünsal (SPD) geführt wird, lobte das Urteil. Ünsal sagte in einer Mitteilung, das Urteil bestätige das Vorgehen des Ressorts. Man setze derzeit ein stadtweites Konzept um. „Wir nehmen unsere öffentliche Aufgabe sehr ernst“, so Ünsal. Man werde gegen illegales Gehwegparken vorgehen.

Kläger Köhler-Naumann sagte, es sei enttäuschend, dass die Stadt weiter auf Zeit spielen könne, um Maßnahmen umzusetzen.

Das Bremer Verwaltungsgericht hatte 2021 entschieden, dass die Kläger ein Einschreiten der Straßenverkehrsbehörde verlangen können. Die Behörde könne entscheiden, welche Maßnahme sie wähle.

Das Bremer Oberverwaltungsgericht bestätigte das 2022 in einem Urteil grundsätzlich. Es entschied aber anders als die Vorinstanz, dass die Behörde einen Spielraum habe, ob sie einschreite. Gänzlich tatenlos könne sie allerdings nicht bleiben. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte das. (dpa)

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