zum Hauptinhalt
Die bolivianische Polizei hält den festgenommenen Juan Jose Zuniga, ehemaliger Generalkommandant der Armee.

© dpa/Juan Karita

Update

Militär zieht sich zurück: Putschversuch in Bolivien vereitelt – General festgenommen

Neben General Zúñiga wurden 16 weitere Militärs festgenommen. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem bewaffneten Aufstand gegen die Souveränität des Staates vor.

Nach dem gescheiterten Putschversuch in Bolivien sind 17 Militärs festgenommen worden. „Wir werden dieses antidemokratische Netzwerk stoppen, wir werden nicht ruhen, bis alle Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden. Es ist an der Zeit, die Putschisten von der Straße zu holen und sie hinter Gitter zu bringen“, sagte Boliviens Innenminister Eduardo del Castillo am Donnerstag auf einer Pressekonferenz.

Zu den Festgenommenen zählen auch die Anführer General Juan José Zúñiga und Vizeadmiral Juan Arnez Salvador. Sie sollten noch am Donnerstag zu einer ersten Anhörung vor ein Gericht gestellt werden. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem bewaffneten Aufstand gegen die Souveränität des Staates und Angriff auf den Präsidenten vor. Im Falle einer Verurteilung droht ihnen bis zu 30 Jahre Haft.

Es habe verschiedene Gruppen gegeben, die für die Vorbereitung, Organisation und Koordination des Putschversuchs verantwortlich sein sollen, sagte del Castillo. Nach drei weiteren Reservisten werde noch gefahndet.

Am Mittwoch war in La Paz ein Staatsstreich gescheitert. Abtrünnige Militärs hatten mit gepanzerten Fahrzeugen den zentralen Platz besetzt und waren in den Regierungspalast vorgedrungen. Präsident Luis Arce tauschte die gesamte Führungsriege der Streitkräfte aus. Die neuen Chefs der Teilstreitkräfte ordneten daraufhin den Rückzug der Truppen an.

Staatschef Luis Arce und der abtrünnige General standen sich kurz zuvor auf den Fluren Regierungspalastes Quemado Auge in Auge gegenüber. „Ziehen sie alle Soldaten zurück. Das ist ein Befehl“, rief der Präsident. „Werden Sie mir nicht gehorchen?“

Gesamte Führung der Streitkräfte ausgetauscht

Kurz nach dem Schlagabtausch enthob er den Heereschef seines Amtes und tauschte die gesamte Führungsriege der Streitkräfte aus. Die neuen Chefs der Teilstreitkräfte ordneten daraufhin den Rückzug der Truppen aus der Innenstadt des Regierungssitzes La Paz an. „Ich danke dem bolivianischen Volk“, rief Arce danach umringt von seinen Ministern vom Balkon des Regierungspalastes.

Zuvor hatten Soldaten unter Zúñigas Kommando den zentralen Platz von La Paz besetzt und mit einem Panzer die Türen des Regierungspalastes gerammt, wie im bolivianischen Fernsehen zu sehen war. „Wir verurteilen die irregulären Mobilisierungen einiger Einheiten der bolivianischen Armee. Die Demokratie muss respektiert werden“, schrieb Boliviens Präsident Luis Arce auf der Nachrichtenplattform X. „Wir können keine Putschversuche zulassen.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Offenbar richtete sich der versuchte Staatsstreich gegen eine erneute Präsidentschaftskandidatur des früheren Staatschefs Evo Morales (2006-2019). Der linke Staatschef war 2019 unter dem Druck des Militärs zurückgetreten, nachdem ihm von der Opposition und internationalen Wahlbeobachtern Betrug bei der Präsidentenwahl vorgeworfen worden war.

Ex-Präsident Morales und Staatschef Arce kämpfen um die Macht

Nach einer Reihe von Gerichtsentscheidungen darf der erste indigene Präsident des Landes eigentlich nicht für eine weitere Amtszeit kandidieren. Der frühere Koka-Bauer will bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr trotzdem antreten. Derzeit kämpfen Morales und der amtierende Staatschef Arce um die Führungsrolle in ihrer Partei MAS.

Militärische Truppen sind am 26. Juni 2024 vor dem Quemado-Palast an der Plaza Murillo in La Paz stationiert. 

© AFP/AIZAR RALDES

„Wir sind überzeugt, dass die Demokratie der einzige Weg ist, um Differenzen zu lösen, und dass die Institutionen und die Rechtsstaatlichkeit respektiert werden müssen“, schrieb Morales auf X. „Wir bekräftigen unsere Forderung, dass alle an diesem Verbrechen Beteiligten verhaftet und vor Gericht gestellt werden müssen.“

Menschen schwenken die bolivianische Nationalflagge.

© REUTERS/Sara Aliaga

In einer Stellungnahme vor den Medien legte Zúñiga nahe, dass der Putsch mit Präsident Arce abgestimmt gewesen sei. „Der Präsident hat mir gesagt, dass die Situation sehr schlecht ist. Es sei notwendig, etwas vorzubereiten, um seine Popularität zu steigern“, sagte General Zúñiga vor seiner Festnahme im Fernsehen. „Ich habe ihn gefragt: ‚Holen wir die Panzer raus‘ und er hat geantwortet: ‚Holt sie raus‘.“

Militärputsche haben in Lateinamerika eine lange Tradition

In Lateinamerika putschen die Streitkräfte immer mal wieder. Vor allem in den 1970er und 1980er Jahren wurden viele Staaten der Region von Militärjuntas regiert. In Argentinien, Chile und Brasilien fielen ihrer Gewaltherrschaft Zehntausende Menschen zum Opfer.

Die Vereinten Nationen zeigten sich besorgt über die Ereignisse in Bolivien. „Wir rufen die bolivianische Gesellschaft, einschließlich der Streitkräften, dazu auf, sich verantwortungsvoll zu verhalten und die demokratischen Werte hochzuhalten“, hieß es in einer Mitteilung der UN.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kritisierte den Putschversuch in Bolivien scharf. „Ich verurteile entschieden die Versuche, die demokratisch gewählte Regierung Boliviens zu stürzen“, schrieb von der Leyen am späten Mittwochabend auf der Plattform X. Die Europäische Union stehe an der Seite der Demokratien.

Mehrere lateinamerikanische Präsidenten wiesen den Vorstoß des Militärs ebenfalls zurück. „Wir verurteilen jede Form des Staatsstreichs in Bolivien und bekräftigen unser Engagement für das Volk und die Demokratie in unserem Bruderland“, sagte Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva. Chiles Präsident Gabriel Boric schrieb auf der Nachrichtenplattform X: „Wir können keinen Verstoß gegen die rechtmäßige verfassungsmäßige Ordnung in Bolivien oder anderswo tolerieren.“ (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false