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Camille Caradeuc und Dohoon Lee in „L’enfant et les sortilèges“ von Maurice Ravel.

© Daniel Nartschick

Es regnet Libellenflügel: Studierende der UdK toben sich an Gershwin und Ravel aus

Mit ihren Interpretationen von „Blue Monday“ und „L’enfant et les  sortilèges“ beweisen die Nachwuchstalente aus verschiedenen Studiengängen große Spiel- und Schaffenslust.

Den einen zieht es aus dem Leben, den anderen hinein in diesem Doppelprojekt des Studiengangs Musiktheater der UdK: „Mutter, ich komme zu dir“, singt Joe (Junbeam Woo) im Sterben. Die Kugel seiner Freundin Vi hat ihn getroffen, die auf die Intrige – Joe erwarte das Telegramm einer „anderen Frau“ – hereingefallen ist.

Doch diese, die Mutter, ist längst tot. Was in George Gershwins Jazz-Einakter „Blue Monday“ eine pralle Tragödie nach Art der „Cavalleria rusticana“ hätte sein können, wird durch Lars Frankes Regie zum symbolistischen Schwarz-Weiß-Spiel verkleinert.

In „Mike’s colored saloon“ (nur angedeutet durch eine zarte Leuchtreklame) markieren Treppenstufen die jeweiligen sozialen Positionen – eine skurrile Männergesellschaft, aus der Mike (Karim Elias Meyer) und sein Untergebener Sam (Mads-Emil Jacobson) stimmlich-spielerisch hervorragen. Kraftvoll behauptet sich dagegen Greta Behr als Vi, als einzige mit farbiger Jacke über einem weißen Unschulds-Gewand (Kostüme: Lara Duymus).

Fetzig spielt das Symphonieorchester der UdK unter Errico-Fresis auf – doch leider durchweg zu laut, sodass ein sensibler Tenor wie Woo hier untergehen muss.

Szene aus „L’enfant et les sortilèges“: Das Ensemble zerrt an Lea Kohnen.

© Daniel Nartschick

Das lebendige und präzise Spiel der Studierenden soll damit nicht geschmälert werden, das vor allem in den Tanzszenen (Choreografie: Rose Calheiros) einen Hauch „Roaring Twenties“ vermittelt. Doch noch viel überzeugender entfaltet es sich in Ravels Einakter „L’enfant et les sortilèges“!

Zugegeben, Ravel – der sich weigerte, Gershwin, der „schon alles konnte“, Unterricht zu geben – hat hier einfach genial instrumentiert, und Colettes Libretto der Entwicklung eines kindlichen Tyrannen zu Liebesfähigkeit und Empathie fordert in jeder Szene die Fantasie heraus. Bläser und Streicher können hier zu einer die Stimmen tragenden Balance finden und sich auch solistisch positionieren.

Bühne (Helena Zaïda Schaber) und Kostüm toben sich in den buntesten Farben und skurrilsten Formen aus. Libellenflügel regnen auf die Bühne, Laubfrosch, Eule und Eichhörnchen beklagen ausgerissene Flügel und andere Wunden, Großvatersessel tanzen Tango, um gegen die Zerstörungswut des Kindes zu protestieren. Stellvertretend für die allgemeine Spiellust seien Mads Emil Jacobsen und Yongxi Liu als miauendes Katzenpaar genannt.

Mit flexiblem Sopran zeichnet Sophia Stern Nuancen der Langeweile, der Wut und plötzlichen Erkenntnis glaubhaft nach. Wenn sie sich ihres Alleinseins bewusst wird und „Maman“ anruft – ein Wort, das die Naturwesen nicht kennen – dann werden die strengen Forderungen der entnervten Mutter (Yerim Park) durch Einsicht erfüllt. Ein Schritt hinaus ins Leben ist getan, feierlich vom Chor kommentiert.

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