zum Hauptinhalt
Alfred Gunzenhauser (r.) mit Freunden in Paris, um 1950.

© Archiv Gunzenhauser

Der Galerist Alfred Gunzenhauser: Ein Museum trägt seinen Namen

Was Alfred Gunzenhauser zum wichtigen Münchner Galeristen machte und weshalb ein Museum in Chemnitz nach ihm benannt wurde, erzählt eine neue Biografie.

Es kam vor, dass ein vermeintlich Fremder in der Galerie von Alfred Gunzenhauser die Besucher nach ihrer Meinung fragte. Mit einem fast kindlichen Interesse, dass die wenigsten ahnen ließ, wen sie vor sich hatten: Gunzenhauser selbst, der nicht nur Kunst, sondern auch Meinungen sammelte. Der aber auch schon einmal testete, ob hier tatsächlich ein Kandidat für die von ihm angebotenen Werke stand.

Du hast, engagiert wie du bist, Geschmack verändert und veredelt. Du hast Menschen das Sehen beigebracht.“

Gottfried Herbst, Sammler und Freund von Alfred Gunzenhauser

Das war kein Dünkel, sondern ein echtes Anliegen. Der große Münchner Galerist fürchtete sich davor, seine Lieblinge in falsche Hände abzugeben. So sachlich er als studierter Volkswirtschaftler und ökonomisch erfolgreicher Kunsthändler agierte – die Passion für Werke von Alexej von Jawlensky, Paula Modersohn-Becker, Johannes Grützke oder Gabriele Münter trug höchst emotionale Züge.

Seine Beziehung zu den Bildern war höchst emotional

So jedenfalls zeichnet ihn Stephan Dahme in seiner jüngst erschienenen Biografie „Alfred Gunzenhauser. Galerist, Sammler Stifter“. (Edition Fichter, 29 Euro). Ein Buch wie ein Ausstellungskatalog: 280 Seiten dick, voller Bilder und Fotografien. Dahme holt weit aus und lässt das Bild einer ganzen Ära erstehen. Ausgehend von Gunzenhausers Entscheidung für ein Volontariat beim Berliner Galeristen Gerd Rosen entwirft er ein Panorama des internationalen Kunsthandels ab den 1950er Jahren: Sein neuer Beruf führte den 1926 geborenen Gunzenhauser nach München, Berlin oder New York und damit in die Zentren der damaligen Kunstproduktion. Seine eigene Chronik säumen Kollegen wie Wolfgang Werner oder Michael Haas, die bis heute im selben Metier erfolgreich sind.

Eine der größten deutschen Privatsammlungen

Gunzenhauser, dessen Sammlung bald zu den wichtigsten privaten Kollektionen zählte, starb 2015. Weitsichtig regelte er zuvor seinen Nachlass. Es gibt das Archiv, in dem Dahme für sein Buch recherchieren konnte. Vor allem aber versteht man nach der Lektüre, weshalb ein Museum in Chemnitz heute Gunzenhausers Namen trägt: Der Sammler schätzte die langjährige Direktorin der dortigen Kunstsammlungen, Irene Moessinger. Das gab den Ausschlag für Chemnitz, das während der NS-Zeit über 700 Werke aus der Kunstsammlung verlor und bald Kulturhauptstadt wird.

Das schönste Sammlungsgebäude, eine ehemalige Sparkassen-Filiale im Stil der Neuen Sachlichkeit, beherbergt seit 2007 das Museum Gunzenhauser. Es umfasst an die 3000 Werke von 270 Künstlerinnen und Künstlern mit Fokus auf die Zeit um 1900, den Expressionismus, die Neue Sachlichkeit sowie Abstraktion und Figuration im 20. Jahrhundert. Von Otto Dix verfügt das Museum über eines der größten Konvolute des Malers. Ebenso bewahrt es die weltweit umfangreichste Sammlung von Jawlensky auf und erlaubt tiefe Blicke in die Welten von Willi Baumeister, Gabriele Münter, Conrad Felixmüller oder Johannes Grützke. Dahme erzählt zurück, berichtet von teils abenteuerlichen Ankäufen mit Spielbankgeld wie glücklichen Zufällen.

Berührend sind die Erinnerungen von Thomas Bauer-Friedrich, der 2004 als Kurator in Chemnitz schon einmal die künftigen Werke bei Gunzenhauser abholte. Mit schlechtem Gewissen, denn als er die Wohnung verließ, hing kaum mehr etwas an den Wänden. Den Geist, der Gunzenhauser prägte, beschreibt er mit den Worten des befreundeten Sammlers Gottfried Herbst: „Du hast, engagiert wie du bist, Geschmack verändert und veredelt Du hast Menschen das Sehen beigebracht.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false