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Film: Gero Gandert: Der Beharrliche

Unter den prägenden Figuren, die sich um das deutsche Filmerbe verdient gemacht haben, ist er eher ein Unbekannter. Paradox, denn er war bei allen Weichenstellungen dabei. Ein Leben für den Film: Gero Gandert zum 80.

Unter den prägenden Figuren, die sich um das deutsche Filmerbe verdient gemacht haben, ist er eher ein Unbekannter. Paradox, denn Gero Gandert war bei allen Weichenstellungen dabei – Mitgründer der Freunde der Deutschen Kinemathek war er, hob das Internationale Forum des Jungen Films mit aus der Taufe und gehört seit 1972 als Kustos zum heutigen Museum für Film und Fernsehen.

Schon als Student gründete er in München einen Filmklub, 1952 zog er nach Berlin, schrieb über Filme. Dann verhaftete ihn 1958 die Stasi. Das Urteil erging wegen „schwerer staatsgefährdender Hetze und Propaganda“: Er hatte nicht nur bei Pressekonferenzen zu Defa-Filmen kritische Fragen gestellt, er hatte auch für das Ministerium für Gesamtdeutsche Fragen über das Festival in Karlovy Vary geschrieben. Das galt der DDR als Spionage. Drei Jahre saß er in Haft, fast gänzlich isoliert.

Wieder in Freiheit, führte ihn fast sein erster Weg zu der Eröffnung der Berlinale 1961. Fortan wurde ihm die Filmgeschichte immer wichtiger. Das Museum für Film und Fernsehen hat ihm viel zu verdanken. Beharrlich, ja hartnäckig konnte er sein. „Gandert, der ewige, penetrante Befrager“, notierte Fritz Lang, denn sein Interviewer wollte es immer ganz genau wissen. Dieses Urteil – Gandert nennt es einen Ritterschlag. 40 Jahre später ist das Interview in der University Press of Mississippi nachgedruckt worden: Genauigkeit gewährt Dauer.

Neben dem Film der Weimarer Republik ist es vor allem die Geschichte des Filmexils, die ihm zur Lebensaufgabe wurde. Auch seine Idee zum „Boulevard der Stars“, deren Realisierung nun naht, ist für ihn vor allem mit der Erinnerung an die ins Exil getriebenen Künstler verbunden. Immer wieder hat er Emigranten aufgesucht und sie nachdrücklich überzeugt, ihr Werk gerade in Berlin zu präsentieren und zu bewahren.

Ganderts Engagement, loyal und frei von Eigennutz, hat die Sammlungen der Deutschen Kinemathek unendlich bereichert. Ihm ist es zu verdanken, dass Paul Kohner, der „Agent vom Sunset Boulevard“, Retter so vieler Verfolgter, nun mit seinem Nachlass in einmaliger Fülle Teil des Archivs des Filmmuseums ist. Er war maßgeblich beteiligt an den Verhandlungen um den Marlene-Dietrich-Nachlass. So viel von Billy Wilder, Fritz Lang, Georg Wilhelm Pabst, Wilhelm Dieterle und vielen anderen kam durch ihn nach Berlin, ist nun im Museum zu sehen, in den Archiven zugänglich.

Unsere Ausstellung ziert ein Schild, das Gero Gandert von seinem Freund Billy Wilder bekommen hat. Auf ihm steht: „How would Lubitsch do it?“ Wie würde Gandert es machen? Das ist auch ein gutes Motto. Rainer Rother

Der Filmwissenschaftler Rainer Rother ist seit 2006 Künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek in Berlin.

Rainer Rother

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