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Denis Scheck kehrt mit seiner Sendung „Druckfrisch“ am 8. September auf den ARD-Bildschirm zurück.

© picture alliance/dpa/Arne Dedert

Joggen, Intervallfasten und ein bisschen Ecstasy: Die erfolgreichsten Sachbücher im August

Peinlichkeiten und Triumphe: Literaturkritiker Denis Scheck bespricht mit gewohnter Deutlichkeit die Sachbücher der „Spiegel“-Bestsellerliste

10.) Kurt Krömer: Du darfst nicht alles glauben (Kiepenheuer & Witsch, 192 S., 20 €)

Schön, dass sich ein aufklärerisches Buch über die Volkskrankheit Depression so lange auf der Bestsellerliste hält. Schade, dass dieses Buch in einer skatologischen Stummelsprache verfasst ist, die mich schlicht deprimiert. Ein Beispiel: „Ich wollte jahrelang schwimmen gehen, aber in Berlin ist es so schwierig, in so ein Hallenbad reinzukommen, denn entweder ist Seniorenschwimmen oder Schulschwimmen oder Menschen trainieren für Olympia. Du kommt in diese verfickten Scheiß-Schwimmhallen nicht rein.“ Hoffentlich reicht’s jetzt für einen Pool.

9.) Tobias Rüther: Herrndorf (Rowohlt Berlin, 384 S. 25 €)

Warum ich mich für diesen meistüberschätzten deutschsprachigen Schriftsteller unserer Gegenwart interessieren soll, vermochte mir auch diese Biographie nicht zu erklären, die eher in der Form einer Hagiographie angelegt ist.

8.) Alexandra Popp und Mara Pfeiffer: Dann zeige ich es euch eben auf dem Platz (Droemer, 336 S., 22 €)

Dass Fußballerinnen-Biographien keinen Deut besser sein müssen als Fußballer-Biographien, beweist diese, die ich sofort neben ähnliche Meisterwerke aus glanzvollen Federn wie die eines Franz Beckenbauers, eines Philip Lahms oder eines Oliver Kahns geworfen habe.

7.) Bas Kast: Kompass für die Seele (C. Bertelsmann, 256 S., 24 €)  

Der Wissenschaftsjournalist Bas Kast besitzt das seltene Talent, Einsteins Erkenntnis, wonach man alles so einfach wie möglich machen soll, aber nicht einfacher, in seinen Sachbüchern über vernünftige Ernährung oder aktuell über unsere Psyche umzusetzen. Er rät zur Philosophi der Stoa, zum Leben in Gemeinschaft, zu Meditation, Joggen, Sauna und Intervallfasten. Ob hingegen „Ecstasy und Psilocybin zu einem neuen Ich“ führen, scheint mir unsicherer.

6.) Yael Adler: Genial vital (Droemer, 399 S., 20 €)

Leicht fassliche Gesundheitstips von Adenom bis Zöliakie, kompetent, wenngleich mitunter zu bemüht locker.

5.) Gabriele von Arnim: Der Trost der Schönheit (Rowohlt, 222 S., 22 €)

„Ich brauche Schönheit“, schreibt die kluge Essayistin Gabriele von Arnim, eine der angenehmsten Überraschungen auf dieser Bestsellerliste. „Den Trost der Schönheit. Denn, wenn ich Schönheit sehe, höre, lese. Spüre. Dann glaube ich an Möglichkeiten, an Wege. Räume, Purzelbäume.“ Das trifft’s genau.

4.) Volker Weidermann: Der Mann vom Meer (Kiepenheuer & Witsch, 228 S., 23 €)

Gefragt nach seiner Lieblingsfigur aus der Dichtung, antwortete Thomas Mann einmal mit Andersens Kleiner Meerjungfrau. In seinem atmosphärisch dichten Buch zeichnet Volker Weidermann Manns lebenslange Liebe zum Meer nach – und setzt der Tocher Elisabeth Mann-Borgese das ihr gebührende Denkmal.

3.) Dirk Oschmann: Der Osten: eine westdeutsche Erfindung (Ullstein, 224 S., 19,99 €)

Um steile Thesen ist dieses Buch nicht verlegen. Wird „das binnendeutsche Herrschafts- und Kommunikationsgefälle“ wirklich „im Gefälle zwischen West- und Osteuropa eins zu eins gespiegelt“? Gleichwohl ein ebenso anregungs- wie aufregungsreicher Aufschrei.

2.) Brianna Wiest: 101 Essays, die dein Leben verändern werden (Deutsch von Ursula Pesch und Anja Lerz, Piper, 432 S., 22 €)

Natürlich finden sich auch reichlich Platitüden in diesem amerikanischen Lebenshilfebuch. Aber eben auch goldene Sätze wie dieser: „Glücklich ist langweilig. Schön ist langweilig. Menschen fühlen sich nicht nur von ,glücklich’ und ,schön’ angezogen. Sie interessieren sich für Menschen, die Interesse haben.“

1.) Ewald Frie: Ein Hof und elf Geschwister (C.H. Beck, 191 S., 23 €)

Der Autor kam als neuntes von elf Kindern einer münsterländer Bauernfamilie zur Welt. In Gesprächen mit den zehn Geschwistern rekonstruiert er in seinem profunden und doch elegant auf den Punkt geschriebenen Buch kollabierende Welten: die des Nationalsozialismus, die „Rinderzüchterwelt“ seines Vaters, die Welt „des Reformkatholizismus der langen 1960er Jahre“ und die Welt der Jugendkulturen der 80er. Alle vier Welten zusammen bringen zum Verschwinden, was viele Jahrhunderte Bestand hatte: die bäuerliche Lebensform.

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