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Paul Lewis (links) und Adam Gatehouse

© Simon Jay Price

Leeds Piano Competition: Virtuosen brauchen mehr als schnelle Finger

Warum der renommierte Klavierwettbewerb aus dem nordenglischen Leeds diesmal in Berlin startet

Sie haben sich nicht weniger vorgenommen, als das Genre Klavierwettbewerb neu zu erfinden: Paul Lewis und Adam Gatehouse, die seit 2015 die Leeds Piano Competition leiten. 1963 in der nordenglischen Stadt von der Klavierlehrerin Fanny Waterman gegründet, wurde der alle drei Jahre ausgerichtete Wettbewerb bald zu einem wichtigen Karrieresprungbrett, zum Beispiel für die Leeds-Gewinner Radu Lupu und Murray Perahia. Im Alter von 95 Jahren fand es Lady Fanny dann an der Zeit, die Leitung in jüngere Hände zu legen: Seitdem steht der Pianist Paul Lewis an der Spitze, gemeinsam mit dem ausgebildeten Dirigenten Adam Gatehouse, der seit 1991 für die BBC arbeitet und dort das bei jungen Künstlern heiß begehrte Förderprogramm „New Generation Artists“ erfand.

Die neuen Chefs haben die Zeit bis zur 19. Auflage der Leeds Piano Competition 2018 genutzt, um das Profil nach ihren Vorstellungen umzugestalten. Sie wollen weg vom Leistungssport-Prinzip, bei dem es nur darum geht, in den K.-o.-Runden so viele Gegner wie möglich aus dem Feld zu schlagen. Schließlich wird hier Kunst gemacht, nicht Fußball gespielt.

Die Teilnehmer sollen sich als Musiker fühlen können

Eine Plattform des inhaltlichen Austauschs für Pianistinnen und Pianisten soll Leeds künftig sein, liebevoll gemacht und nachhaltig gedacht. „Wir möchten eine Atmosphäre schaffen, in der sich die Teilnehmer als Musiker fühlen können, wie bei einem Festival“, erklärt Paul Lewis. Darum gibt es nicht mehr nur die reinen Vorspiele, sondern zusätzlich auch eine ganze Palette von Fortbildungsangeboten für die Kandidaten wie Meisterklassen, Diskussionsrunden oder auch Kammermusikprojekte.

„Als ich anfing, Konzerte zu besuchen, erschienen mir die Ausführenden immer sehr weit weg und einschüchternd in ihrer Berühmtheit“, erinnert sich Lewis. „Heute suchen wir als Interpreten den Kontakt zum Publikum, gehen in Schulen, reden nach den Auftritten mit den Leuten.“ Diese kommunikativen Fähigkeiten, findet auch Adam Gatehouse, sollten bei Wettbewerben gefördert werden.

In der ersten Runde spielen die Kandidaten 25 Minuten

200 Bewerbungen sind diesmal eingegangen, und das Niveau war dabei so hoch, dass sich die Jury entschieden hat, 68 Kandidaten zur ersten Runde zuzulassen statt nur 60, wie eigentlich geplant. Zum ersten Mal findet dieses erste Runde extern statt, nämlich in New York, Singapur und Berlin. Wobei in der deutschen Hauptstadt die meisten Teilnehmer antreten, denn zwei Drittel der Bewerber leben in Europa, darunter auch viele Asiaten. Vom 3. bis 5. April stellt die Universität der Künste ihren Joseph-Joachim-Konzertsaal im Gebäude Bundesallee 1–12 zur Verfügung. Dort werden sich die Leeds-Teilnehmer jeweils mit 25-Minuten-Recitals präsentieren, am heutigen Dienstag ab 11 Uhr, an den Folgetagen dann schon ab 10 Uhr. Bei freiem Eintritt sind Zuhörer willkommen, um Anmeldung wird gebeten.

Wer es nach Leeds ins Halbfinale schafft, bekommt dort die Möglichkeit, der Jury zwei verschiedene, nach seinen eigenen Vorstellungen zusammengestellte Klavierabend-Programme anzubieten sowie in einem Essay seine Auswahl zu begründen. „So lernen wir viel über den musikalischen Horizont der Teilnehmer“, sagt Adam Gatehouse.

Der Gewinner bekommt nicht nur Geld, sondern auch Auftrittsmöglichkeiten

Neu ist auch eine Wettbewerbsrunde mit Kammermusik- Projekten. Dabei gilt es für die Pianisten, sich in nur zwei Proben mit zuvor unbekannten anderen Musikern auf eine gemeinsame Interpretation zu einigen.

Drei Preisträger darf die Jury am Ende küren, einen weiteren bestimmt das Publikum. „Unsere Verantwortung für die Gewinner endet aber nicht mit der Verkündung ihrer Namen“, sagt Paul Lewis. Er wird den Siegern anschließend als Mentor weiter zur Seite stehen und will auch seine Jurykollegen dazu ermuntern. Geldpreise im Wert von 90 000 Pfund werden verteilt, als noch wertvoller könnten sich aber die Zusatzleistungen erweisen. Da winkt beispielsweise ein Vertrag mit der Agentur Askonas Holt, bei der auch Simon Rattle unter Vertrag ist, oder Auftritte mit Orchestern in Oslo, Manchester und Liverpool. Es gibt Termine für Klavierabende in renommierten Locations wie der Londoner Wigmore Hall, die Organisation einer Europa-Tournee oder auch eine CD-Aufnahme für eine große Plattenfirma.

Tickets für den Wettbewerb lassen sich unter www.leedspiano.com reservieren.

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