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Der Rias-Kammerchor.

© Oliver Look

Maria besingen : Der Rias Kammerchor im Kammermusiksaal

Chefdirigent Justin Doyle hat für dieses A Cappella Programm Werke aus verschiedenen Jahrhunderten ausgewählt, die um das Thema der Gottesmutter Maria kreisen.

„Stella Maris“ nennen die Seeleute den rettenden Stern, der sie durch dunkle, gefährliche Meereswogen leitet, symbolisiert durch die Jungfrau Maria. Was dem Seefahrer Licht und Orientierung gibt, weitet sich in der katholischen Liturgie zum Leitstern durch das Leben, bis zur Himmelspforte, zu der die „allzeit reine Jungfrau“ führt.

Vertonungen der Marienverehrung reichen von der Renaissancemusik bis zur Moderne, und so kann Justin Doyle für „seinen“ Rias Kammerchor ein abwechslungsreiches, raffiniert die Epochen verschränkendes Programm zusammenstellen. Einojuhani Rautavaara, finnischer Sibelius-Nachfolger, bietet mit den murmelnden clusterähnlichen Strukturen seines „Canticum Mariae virginis“ den zeitgenössisch-mystischen Vorspruch zur „Missa Ave maris stella“ des Palestrina-Freundes Tomás Luis de Victoria. Hier herrscht lateinische Klarheit im strengen Kontrapunkt, der die Stimmen im melodischen Geflecht sich durchkreuzen und zusammenfinden lässt.

Dirigent Justin Doyle gestaltet große, emotional aufgeladene Linien.

© Fabian Schellhorn

Doyle gestaltet große, emotional aufgeladene Linien, deren klangsinnliche Intensität in den „Hosanna“-Ausbrüchen des „Benedictus“, dem langen in feinstes Piano führenden Abschwung des „Agnus Dei“ besonders berührt: „Dona nobis pacem“ wird fast geflüstert.

Schön, dass der Dirigent hier die Extreme von Sopranen und Bässen direkt nebeneinanderstellt, um dem Klang mehr Raum zu geben, der im etwas sterilen Kammermusiksaal nicht leicht zu erreichen ist. Dazwischen schieben sich die engelsgleichen Sopran-Dialoge des „Child’s Prayer“ von James MacMillan und das rhythmisch prägnante „Ave Regina“ von Rory Wainright Johnson, beides Zeugnisse einer anspruchsvoll gemachten, doch unmittelbar eingängigen Moderne.

Womöglich vertragen sich Altes und Neues noch besser im zweiten Programmteil. Francis Poulencs Messe G-Dur, 1937 nach krisenhaften Lebensereignissen geschrieben, ist unverhohlen homophon, spielt mit großen Klangblöcken und scharfkantigen Rhythmen. Köstlich das fröhlich hüpfende „Sanctus“, das „Durcheinander der Engelsköpfe“ auf einem florentinischen Fresko markierend. Dramatisch die „Kyrie“-Ausrufe, denen ätherische Frauenstimmen im „Christe eleison“ antworten.

Überhaupt ist die Stärke der Frauen bis hin zu grandiosen Soli hervorzuheben, denen die Männer – trotz einiger kerniger Tenorpartien – durchaus mehr Paroli bieten könnten. Die Bässe bleiben durchweg diskret, mal überzeugend zartes Klanggewebe stützend, mal ein wenig blass. Madrigale von Francisco Guerrero, von Italien beeinflusster Spanier wie sein Zeitgenosse Victoria, bieten zwischen den Poulenc-Sätzen Höhepunkte klangschöner, durchgeistigter Satzkunst.

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