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Maria (Matilda De Angelis) und Gregory (Callum Turner) klappern die Sehenswürdigkeiten Roms, natürlich auf der Vespa.

© Warner Bros

Die Romantic Comedy "Der göttliche Andere": Ménage-à-trois mit dem Allmächtigen

Nebenbuhler mit Donnerblitz: Der Regisseur Jan Schomburg versucht sich mit "Der göttliche Andere" an der romantischen Komödie.

Von Andreas Busche

Es gibt zwei gute Gründe für einen Rom-Besuch. Die Liebe und Gott. Zweifellos eine etwas einfältige Sichtweise, aber so etwa müsste das Fazit von „Der göttliche Andere“ lauten, einer romantischen Komödie, die das Verhältnis von Gott und der Welt äußerst eigenwillig vermisst.

Das „RomCom“-Genre ist eine überraschende Wahl für Regisseur Jan Schomburg, im deutschen Kino befindet er sich damit in zweifelhafter Gesellschaft. Als Krone der Schöpfung, um im Bild zu bleiben, gelten hier wahlweise Elyas M’Barek oder Matthias Schweighöfer. Alles, was jenseits dieses Geschmackskonsens liegt, fällt bereits in den Verdacht des Arthousefilms.

Dass man als Kritiker Kategorien wie „Arthouse“ ganz selbstverständlich übernimmt, sagt viel über das deutsche Kino. Schomburg gehört hierzulande zu den klügsten Regisseuren und Drehbuchautoren, wahrscheinlich ist er sogar ein noch besserer Autor als Filmemacher (er schrieb das Buch zum Stefan-Zweig-Biopic „Vor der Morgenröte“). Seine Filme besitzen eine literarische Qualität, jedoch nicht in dem Sinn, in dem man in Deutschland das Genre „Literaturverfilmung“ versteht.

Es gibt eigentlich keinen guten Grund, warum seine Kinofilme „Über uns das All“ und „Vergiss mein Ich“ – beide über Frauen, die (nach dem Selbstmord des Partners, nach einer Amnesie) ihr Selbst wiederfinden müssen, noch dazu mit den zwei strahlendsten weiblichen Stars des deutschen Films, Sandra Hüller und Maria Schrader – nicht auch ein breites Publikum erreichen sollten. Eigentlich.

Die Romantic Comedy hat einen schlechten Ruf

Und weil Schomburg ein analytischer Filmemacher ist – und gleichzeitig einer, der das Kino von den Figuren her denkt –, hat er sich für seinen ersten „Publikumsfilm“ ein Genre vorgenommen, mit dem künstlerisch kein Blumentopf zu gewinnen ist.

Das war mal anders. Im klassischen Hollywood – lange vor „Pretty Woman“ – galten romantische Komödien als Königsdisziplin für gewitzte Gesellschaftskritik: Howard Hawks, George Cukor, Billy Wilder, Ernst Lubitsch und Preston Sturges haben gezeigt, dass das Minenfeld zwischenmenschlicher Beziehungen und die Inkongruenz von Geschlechterbildern noch jedes Happy End vergiften können.

Schomburg mag dieses Maß an Selbstreflexion mit „Der göttliche Andere“ vorgeschwebt gehabt haben, doch sein Bezugspunkt ist eher die Sorte Romantic Comedy, an die man sich in den vergangenen 20 Jahren gewöhnt hat: mit narzisstischen Alphamännern und aggressiv beziehungswilligen Neurotikerinnen.

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Dieses Genre umzukrempeln, mit demselben Figurenarsenal (bis zum schwulen besten Freund), mit dem stockigen Eurotourismus-Kitsch des späten Woody Allen und dem zwanghaften Ich-will-so-sein-wie-ich-bin-Paarbildungspathos, ist ambitioniert. Doch mit welchem Mehrwert?

Versuchsaufbau für eine romantische Komödie

Die Prämisse von „Der göttliche Andere“ könnte sogar von Preston Sturges stammen, dem Märchenonkel unter den sozialen Komödienregisseuren: Ein beziehungsunfähiger, atheistischer Berufszyniker (Callum Turner), der von der Papstwahl berichten soll, verliebt sich in eine Novizin („European Shooting Star 2018“ Matilda De Angelis).

Sein Nebenbuhler um die Gunst der schönen Italienerin: der Allmächtige selbst. Aber hier enden die Gemeinsamkeiten mit den Genre-Vorbildern auch schon.

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„Der göttliche Andere“ wirkt wie der Versuchsaufbau für eine romantische Komödie, die die Testphase nie verlassen hat. Die Probleme des Films sind gewissermaßen genre-immanent: Es hapert sowohl an der Romantik als auch am Humor. Kriegsreporter Gregory ist eine spektakulär unsympathische love interest, Callum Turner gelingt es in keiner Szene, die Fassade blasierter Überheblichkeit interessanter zu gestalten.

Dass eine höhere Macht eine Liaison mit Maria zu verhindern versucht (Hotelzimmerschlüssel geklaut, Feuer im Nachtclub), könnte daran liegen, dass die angehende Nonne in wenigen Tagen ihr Leben dem Einen widmen wird. (Merke: Auch Gott ist ein eifersüchtiger Kontrollfreak.) Vielleicht aber auch einfach nur, weil Gregory, der sich in seinen zermürbenden Zynismen gefällt, ein Wichtigtuer ist. Dass Maria seinem „Charme“ dennoch verfällt, ist ein Drehbuchproblem, von dem sich der Film nie erholt.

Die Pointen haben einen langen Vorlauf

Humoristisch kann Schomburgs erste internationale Produktion ebenfalls nicht mit ihrer originellen Prämisse mithalten. Nach etwa der Hälfte hat Schomburg die Konstruktion der Romantic Comedy so penibel nachgebaut (immer schön ironisch, versteht sich), dass die Pointen einen langen Vorlauf benötigen – und dann wirkungslos verpuffen. Ein MRT-Scan mit Jesus-Bildnis gehört zu den besseren Witzen, muss dann aber trotzdem noch mal erklärt werden (Turiner Grabtuch!).

„Der göttliche Andere“ bleibt dermaßen den Zwängen des Feelgood-Movies verhaftet, dass er sich nicht mal in seinen hellsten Momenten zu blasphemischer Schärfe aufrafft (wie Jaco Van Dormaels „Das brandneue Testament“).

Schomburgs Gott ist ein läuterungsfähiger Narzisst, letztlich aber irgendwie auch ein predator – wenn auch ohne den Sex. Auf der romantischen Parkbank in den Hügeln von Rom wartet am Ende schon das nächste Jungfrauenopfer.
In neun Berliner Kinos

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