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Bundeskanzler Olaf Scholz besucht das Mies van der Rohe Haus.

© IMAGO/Frank Ossenbrink/IMAGO/Frank Ossenbrink

Olaf Scholz zu Gast im Mies van der Rohe Haus: Der Kanzler spannt den ganz großen Bogen

Hoher Besuch in Lichtenberg: Ein gut gelaunter Olaf Scholz sprach über die Klassische Moderne und die Freiheit der Kunst – nur das Bauen kam zu kurz.

Eine Glosse von Bernhard Schulz

Sommerfeste gibt es derzeit allerorten. Aber welches kann sich schon rühmen, den Bundeskanzler zu Gast zu haben? Als bloßer „Gartenempfang“ war die Festveranstaltung annonciert, die sich der „Verein der Freunde und Förderer des Mies van der Rohe Hauses“ am Freitagabend gönnte.

Ein Vierteljahrhundert lang besteht nun der Verein, der sich die Unterstützung dieser singulären Institution zur Aufgabe gemacht hat, dieses Kulturzentrums in einem Architekturmonument. 1932 hat Ludwig Mies van der Rohe, der später in den USA weltberühmte Architekt, das kleine „Landhaus“ für das Ehepaar Lemke entworfen, in schlechten Zeiten.

Es musste ein preiswertes Haus sein, und so steht es denn da, bungalow-flach zwischen den stattlichen Einfamilienhäusern links und rechts, aber immerhin auf einem Wassergrundstück am feinen Obersee in Hohenschönhausen.

Scholz sprach von seinem Interesse für Architektur

Und dahin kam am Freitag auch der Bundeskanzler. Man hatte ihn eingeladen, mitzufeiern. Beziehungen sind dazu da, genutzt zu werden. Olaf Scholz ließ sich durchs Haus führen, während die Gästeschar im Garten wartete. Es ist ja kaum Platz in dem Häuschen, gebaut für zwei Personen, und seit langem drängen Verein und Mies-Haus-Leiterin Wita Noack auf einen Ergänzungsbau für Arbeitsplätze und Service.

Kanzler hinter Glas: Olaf Scholz geht mit Wita Noack (links hinter Scholz), Direktorin und Museumsleiterin im Mies van der Rohe Haus, durch das Gebäude.

© dpa/Markus Schreiber

Dann kam Scholz heraus und sprach, frei genug, um nicht ins Förmliche zu verfallen. Sprach von seinem Interesse für Architektur, für die der Klassischen Moderne zumal, als deren zeitlich letztes Berliner Beispiel eben jenes Häuschen der Lemkes von 1932 dasteht, Monate nur vor Hitlers Machtübernahme.

Und so kam Scholz nicht von ungefähr darauf, einen Bogen zu schlagen zur Freiheit, die die Kunst braucht. Dieses Haus sei ein „Zeichen dafür, wie sehr wir die Freiheit benötigen, und dass wir sie auch verteidigen müssen“. Wer hätte die Botschaft nicht verstanden, an diesem Abend so kurz nach der Europa-Wahl mit ihren verstörenden Ergebnissen!

Anschließend sah man einen aufgeräumten Scholz im Garten plaudern, unter anderem gab er Anekdoten aus seiner Hamburger Bürgermeisterzeit zum Besten, die hatten meist mit dem Bauen zu tun.

Und da konnte man sich schon fragen, ob der Bundeskanzler nicht noch mehr tun könnte fürs Bauen, das so dringend notwendig ist, auch wenn der Bedarf zumal an den von Scholz kürzlich in die Diskussion gebrachten Großsiedlungen an diesem Abend und auf diesem idyllischen Seegrundstück irgendwie weit weg schien. Aber wer weiß, wozu ein solcher, kaum je zu erwartender Sommerfestbesuch am Ende gut sein kann.

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