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Eine Museumsmitarbeiterin verpackt eine der Benin-Bronzen, die für die Rückgabe nach Nigeria im Ethnologischen Museum Dahlem zusammen gestellt wurden.

© dpa / dpa/Wolfgang Kumm

Rückgabe geraubter Kunst: Die Wiedergutmachung steckt in den Kinderschuhen

Im Dezember des vergangenen Jahres gab die Bundesregierung 20 Benin-Bronzen an Nigeria zurück. Die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte ist damit jedoch längst nicht abgeschlossen.

Ein Kommentar von Ronja Merkel

„Restitution“ ist das große Modewort der jüngeren Kunstgeschichtsschreibung. Insbesondere in Deutschland bemühen sich seit einigen Jahren immer mehr Museen und Sammlungen um die transparente Aufarbeitung ihrer Bestände, treten in Kontakt mit den legitimen Erben geraubter Kunst und widmen ganze Ausstellungen den unrechtmäßig erworbenen Objekten.

Zumindest im Kontext der NS-Vergangenheit. Hinsichtlich der Kolonialgeschichte und den damit verbundenen Brutalitäten steckt die Wiedergutmachung noch in den Kinderschuhen.

Im Dezember des vergangenen Jahres inszenierte die Bundesrepublik mit großem Tamtam die Rückgabe von 20, im Jahr 1897 geraubten, Benin-Bronzen an Nigeria. Eine nette, sicherlich auch wichtige Geste, die aber nicht darüber hinwegtäuschen darf, wie viele solcher Stücke sich nach wie vor in Deutschland befinden – und möglicherweise niemals in ihre Heimatländer zurückkehren werden.

Wer sollte auch dafür kämpfen? Ethnien wie die Songye oder Fang, überwiegend beheimatet im heutigen Gabun, Kamerun und Kongo, verfügen nicht über eine Lobby, die sich für ihre Belange einsetzen könnte.

Aufarbeitung der Verbrechen noch am Anfang

Nun ist Deutschland ehrlicherweise Vorreiter im Bereich Restitution, auch dank engagierter Expert:innen wie Yvette Mutumba, Nanette Snoep und Marion Ackermann, die sich intensiv um den Dialog zwischen Kolonialmacht und ehemals Kolonisierten bemühen.

Während man bei unseren Nachbarn Frankreich, Belgien oder den Niederlanden gerade erst beginnt, die begangenen Verbrechen als solche zu benennen, ist man bei uns immerhin bereits bei der Frage angelangt: Zurückgeben oder nicht?

Eine vermeintlich simple Frage, deren Komplexität sich jedoch offenbart, sobald man sich auf die Suche nach einer Antwort begibt. Selbst wenn die Bereitschaft zu einer Rückgabe, oder zumindest zu einem Dialog besteht, ist noch längst nicht klar, mit wem Gespräche geführt werden können. Lassen sich bei NS-Raubgut in vielen Fällen konkrete Erben ermitteln, ist diese Option bei Objekten aus den ehemaligen Kolonien kaum gegeben.

Wer entscheidet über die Zukunft der Objekte?

Wendet man sich also an die Regierungen, wie es im Falle der Benin-Bronzen passierte? Nicht zu unterschätzen ist hierbei auch die äußerst komplizierte Rechtslage, mit der sich noch vergleichsweise wenige Jurist:innen befassen.

Und was geschieht nach einer Rückgabe, werden die Objekte noch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen? Wäre es nicht doch besser, sie in europäischen Museen zu belassen, in mahnender Erinnerung? Zumindest die letzte Frage lässt sich klar verneinen: Es ist nicht Aufgabe des Diebes, über die Zukunft des Diebesgutes zu entscheiden.

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