zum Hauptinhalt
Wenn KI künftig die Drehbücher für die „Soko“-Krimis des ZDF schreibt, wird der Mörder durch Handauflegen ermittelt.

© dpa/FRANK DICKS

Wenn KI das Fernsehen erobert: „Soko“ wird Smoothie-Krimi

Muss es dem Fernsehen schaden, wenn die Künstliche Intelligenz dem Krimi und dem Humor aufhilft?

Eine Kolumne von Joachim Huber

Mich plagt seit Kurzem ein ganz schlimmer Verdacht. Und zwar der, dass das serielle Fernsehen nicht länger menschengemacht ist, sondern längst von einer speziellen KI-Adaptation stammt. Drei Beispiele: Die „Soko“-Flut im ZDF, stets gesteht die Mörderin oder der Mörder drei Minuten vor „heute um 19 Uhr“ seine schlimme Tat, damit die Werbung für Darmlöser und Einschlafprobleme pünktlich starten kann. Es folgt heute. Im Ersten reüssieren mittlerweile die Entengrützen-Episoden, wenn deutschlandweit die Wasserpolizisten durch die Gewässer pflügen. Und bei RTL weiß längst keiner mehr, ob „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ in Dauer-Wiederholungsschleife läuft oder noch neue Folgen präsentiert.

Die Fernseh-Fiktion wartet

Natürlich werden die Macher jetzt empört reagieren. Alles Hand gemacht, was Bücher, Produktion und Ausstrahlung angeht. Das scheint kaum glaublich, aber in unserer Menschenfreundlichkeit wollen wir mal glauben, dass die Künstliche Intelligenz noch nicht Einzug gehalten in die überschaubar originelle Fernseh-Fiktion.

Wird das Publikum aber noch erleben. Auf Twitch gibt es die Serie „Nothing, Forever“, im besten Falle eine Parodie, eigentlich aber eine Adaption der 1990er-Sitcom „Seinfeld“. Eine KI nutzt alle originalen Folgen für ein eigenes Drehbuch. Handlung, Gags, Figuren wurden nicht Menschen kreiert. Damit nicht genug: Auch die Kameraeinstellungen und die Figuren werden von „generativen Algorithmen“ gesteuert, erklären die Macher von Mismatch Media. Selbst der Publikums-Chat wurde geplündert. Das Resultat kommt sehr nahe an das Original heran, es passiert wenig bis nichts, die Figuren reden über alltägliche Nichtigkeiten, das Witzniveau produziert Späßle wie: „Habt ihr von dem Restaurant auf dem Mond gehört? Tolles Essen, aber keine Atmosphäre.“ Der Titel gibt in aller Ehrlichkeit zu: „Nothing, Forever“.

Wetten, dass KI auch Fiktionen wie „Soko“, „Wapo“ und „GZSZ“ hinbekommt? Kann dieses TV wirklich schlechter werden, wenn es Smoothie-TV wird? Hat sich das Publikum erst einmal daran gewöhnt, warten höhere Aufgaben: der Humor im deutschen Fernsehen. Bin überzeugt, dass ein Kracher wie Mario Barth auch als KI Maria Barth funktionieren oder Atze Schröder es nicht schaden würde, wenn ordentlich Helge Schneider beigemischt würde. Der deutsche Fernsehhumor braucht jede Hilfe, die er kriegen kann.

Natürlich steckt da ein Risiko drin, am Ende ist KI viel anspruchsloser als das Publikum. Bin ich aber bereit, einzugehen. Im Fall des Missfallens schicke ich meine KI zum Glotzen. Mal sehen, wie sie/er/es reagiert.

.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false