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 Demonstration gegen Antisemitismus und rechten Terror nach dem rechtsterroristische Anschlag auf eine Synagoge in Halle.

© Imago Images/Snapshot/M.Czapski

Immer mehr Übergriffe gegen Juden: Werden Molotowcocktails auf Synagogen geworfen, reichen Worte nicht aus

Die Zahlen steigen, die Gefahr wächst – da muss der Rechtsstaat ran. Straftaten gegen Juden müssen angezeigt und geahndet werden. Alles andere wäre Verrat an Deutschlands Verantwortung.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Der 7. Oktober 2023 – ein Tag wie ein Fanal. Er wirkt nach, in Nahost und hier. Der brutale Angriff der Hamas auf Israel hat zum Krieg in und um Gaza geführt, und er führt zu Angriffen auf Jüdinnen und Juden in Deutschland. Mehr denn je.

Jahresberichte der einzelnen Bundesländer zeigen den Schrecken auf. „Fuck Israel“ als Schmiererei an einer Häuserwand ist da noch die vergleichsweise harmlose Variante. Judenhass, Israelhass zeigt sich auch an Brandanschlägen, an körperlichen Attacken, an Beleidigungen.

Allein in Berlin wurden im vergangenen Jahr 1270 antisemitische Vorfälle gezählt, 70 Prozent davon nach dem 7. Oktober. Der Anstieg ist enorm – und entsetzlich, erschreckend.

2023 wurden 5164 antisemitische Straftaten erfasst, 148 davon Gewalttaten. Im Vergleich zu 2022 haben sich die Straftaten verdoppelt. Und im ersten Quartal dieses Jahres waren es schon knapp 800.

Israels Botschafter Ron Prosor fordert schon länger ein „Aufwachen“. Denn die Juden in Deutschland haben Angst, und diese Angst grassiert. Sie trauen sich nicht, mit einer Kippa auf die Straße zu gehen, auf Hebräisch in ihre Handys zu sprechen, ihre Kinder in Schulen zu bringen, wenn die nicht geschützt werden.

Eine wachsende Entfremdung nicht zulassen

Die Verbundenheit mit Israel erlaubt nicht, nach dem 7. Oktober eine wachsende Entfremdung einfach geschehen zu lassen. Werden Molotowcocktails geworfen, um Synagogen brennen zu sehen, reichen Worte nicht aus.

Das ist zumal deshalb wichtig, weil laut Befragung durch die Bertelsmann-Stiftung 36 Prozent der rund 60 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland – also etwa 21 Millionen – antisemitisch denken. Und die Zahl stammt noch vom September.

„Aufwachen“ bedeutet, Angriffen und Übergriffen zu begegnen, sich zur Wehr zu setzen. Wo Straftaten, Gewalttaten, Beleidigungen beobachtet werden, müssen sie angezeigt werden. So wird Strafe möglich.

Immerhin wird auch der Rechtsstaat selbst angegriffen. Der ist in der Demokratie ein scharfes Schwert. Wir in Deutschland sollten es zu führen wissen. Alles andere wäre Verrat an der Verantwortung.

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