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Die Bundesvorsitzende Annalena Baerbock spricht auf dem Länderrat der Grünen.

© dpa/Boris Roessler

Update

Parteitag der Grünen: „Auch mich hat es zerrissen“, sagt Baerbock über den Asylkompromiss der Ampel

Am Parteitag der Grünen gab es kontroverse Debatten zum EU-Asyl-Kompromiss. Ein Antrag der Grünen Jugend mit „roten Linien“ für die Ministerriege wurde abgelehnt.

| Update:

Im Streit über den EU-Asyl-Kompromiss hat der kleine Parteitag der Grünen eine Festlegung ihrer Ministerriege auf rote Linien abgelehnt. Ein entsprechender Antrag der Grünen Jugend fiel bei den Delegierten des Länderrats in Bad Vilbel am Samstag durch.

Der Nachwuchsverband hatte gefordert, dass die Grünen-Mitglieder der Bundesregierung wie Außenministerin Annalena Baerbock im weiteren Verfahren der EU ihre Zustimmung davon abhängig machten, dass substanziellen Verbesserungen erreicht würden.

Stattdessen setzte sich die Parteiführung mit einem geänderten Leitantrag durch. Darin heißt es, im weiteren Verfahren zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission werde man sich für Verbesserungen einsetzen.

Familien mit Kindern sollen grundsätzlich nicht in die geplanten EU-Grenzverfahren kommen und Mitgliedstaaten dürfen nicht zur Durchführung von Grenzverfahren verpflichtet würden, heißt es. Für den Leitantrag der Parteiführung stimmte nach Angaben der Parteitagsleitung „eine sehr deutliche Mehrheit“.

Außenminister Annalena Baerbock hatte zuvor ihre Zustimmung zu den geplanten Asylverschärfungen der EU verteidigt. „Auch mich hat es zerrissen“, sage sie.

Außenministerin Annalena Baerbock und Co-Partei-Chef Omid Nouripour auf dem kleinen Parteitag der Grünen.

© AFP/DANIEL ROLAND

Eigentlich gehe die Verordnung, die die EU-Innenminister mit ihrer Zustimmung beschlossen hatten, gar nicht, sagte Baerbock vor den Delegierten.

Sie habe jedoch auch die anderen Verordnungen bei den Verhandlungen gesehen, die noch deutlich restriktiver gewesen wären. Sie sehe auch Verbesserungen mit dem neuen Regelwerk.

So würden in Zukunft nicht mehr nur 3000 Geflüchtete auf zwei Länder (Deutschland und Frankreich) verteilt, sondern 30.000 auf viele EU-Länder. „Wir haben im Status Quo eine kleine Verbesserung“, sagte Baerbock. „Das ist mein Job“, sagte Baerbock über ihre Zustimmung.

Sie habe nicht nur als Außenministerin verhandelt, sondern auch als Europaministerin. Stabilität in Europa sei ebenfalls ein wichtiges Gut. Am Ende müsse man abwägen, betonte die Außenministerin. „Meine Waage war 49 zu 51.“

Innerhalb der Partei gibt es großen Streit darüber, ob die Zustimmung der Grünen-Spitze für schärfere Asylgesetze richtig war.

Habeck hatte sich in seiner Rede dazu nicht direkt geäußert. Er warnte jedoch davor, dass sich die Grünen in eine Blockade-Haltung begeben. „Wir dürfen uns nicht in die Nische treiben lassen“, sagte Habeck.

Die Partei solle nicht glauben, dass es in der Opposition einfacher wäre. „Habt keine Sehnsucht nach einer Minderheitenposition.“

Auch der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, der im Herbst als Spitzenkandidat der Grünen bei der Landtagswahl antritt, appellierte an die Partei, sich nicht zu zerstreiten. „Regieren heißt auch, schwierige Entscheidungen zu treffen.“

Jeder Kompromiss könne negative Folgen haben, jede Blockade aber auch, betonte Al-Wazir. „Es kann auch Ausdruck von Verantwortung sein, Kompromisse zu gehen.“

Nouripour ruft zur Geschlossenheit auf

Auch Grünen-Co-Parteichef Omid Nouripour hat seine Partei aufgerufen, geschlossen aus dem innerparteilichen Streit über den EU-Kompromiss für verschärfte Asyl-Verfahren hervorzugehen. „Lasst uns heute streiten, und dann gehen wir zusammen raus, untergehakt und kämpfen für das Richtige“, rief Nouripour einen kleinen Parteitag am Samstag in Bad Vilbel auf. Die zentrale Frage sei es, den Menschen an den Außengrenzen der EU zu helfen. „Das geht nur geschlossen. Das geht mit Kampfkraft.“

„Die Verhandlungen laufen noch, wir ringen um das beste Ergebnis“

Bundesgeschäftsführerin Emily Büning

Im Vorfeld des Parteitags hatten mehr als 80 Grünen-Landtagsabgeordnete in einem Brief an die Delegierten vor den Plänen zur Verschärfung des europäischen Asylrechts gewarnt. „Diese Einigung wird keine Menschenleben retten, keine gerechte Verteilung in der EU herbeiführen und den Kommunen keine Abhilfe bei ihren akuten Problemen schaffen“, heißt es in dem Schreiben.

Die Ergebnisse stellten „eine weitere Verschlechterung der Rechte für Menschen, die sich auf der Flucht befinden“, dar. Der Brief wurde nach Angaben aus Parteikreisen am Freitagabend an die Delegierten verschickt.

In der vergangenen Woche hatten die EU-Innenminister mit deutscher Zustimmung - und damit auch mit Billigung von Spitzen-Grünen - Pläne für eine weitreichende Asylreform beschlossen. Vorgesehen sind zahlreiche Verschärfungen, um irreguläre Migration zu begrenzen - insbesondere aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Selbst Teile des grünen Führungspersonals lehnten die Zustimmung ab.

„Die Einigung der Innenminister stellt eine weitere Verschlechterung der humanitären Lage an den Außengrenzen da, die wir nicht mittragen können“, sagte der Chef der Grünen Jugend, Timon Dzienus. (Mit Agenturmaterial)

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