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Altkanzler Gerhard Schröder am Donnerstag vor Gericht

© dpa/Christoph Soeder

Update

Entscheidung des Gerichts: Ex-Kanzler Schröder hat keinen Anspruch auf Bundestags-Büro

Gerhard Schröder kam persönlich zur Verhandlung, aber es half nichts. Die Richter konnten kein Recht entdecken, das Ex-Kanzlern einen Anspruch auf Büros mit Personal gibt.

Gerhard Schröder war diesmal persönlich da. „Schön, dass Sie selbst gekommen sind, das ehrt uns“, begrüßt ihn der Vorsitzende Richter am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Boris Wolnicki am Donnerstag. „Es ist ganz angenehm, hier zu sein“, brummt Schröder. Das gute Gefühl dürfte dann bald verflogen sein.

Dem Bundeskanzler a.D. fehlt sein Altkanzlerbüro, das seine mittlerweile ebenfalls aus dem Amt geschiedene Nachfolgerin Angela Merkel mit großzügiger Personalausstattung nutzen darf. Er ist überzeugt, er hat einen Rechtsanspruch darauf.

Das Gericht musste nun über Schröders Berufungsklage gegen ein erstinstanzliches Urteil des Verwaltungsgerichts beraten, das seinen Büro-Anspruch im Mai vergangenen Jahres abgewiesen hatte. Schröder, der mit Ehefrau Soyeon Schröder-Kim erschien, sieht sich an einer typischen Altkanzlertätigkeit gehindert: der „Wahrnehmung fortwirkender Verpflichtungen aus dem Amt“.

Die Leistung ist eine freundliche, freiwillige Geste.

Ein Anwalt des Kanzleramts in der Verhandlung vor dem OVG

Das Vorhaben misslang erneut. Ein aus dem Amt geschiedener Bundeskanzler habe keinen solchen Rechtsanspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland, urteilte der 10. OVG-Senat, trotz nachwirkender Amtspflichten. Weder ein Gewohnheitsrecht noch der Gleichbehandlungsgrundsatz ständen Schröder zur Seite, begründete der Vorsitzende die Entscheidung. Immerhin: Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Damit kann Schröder sein Anliegen noch einmal in Leipzig vorbringen.

Kann es überhaupt einen solchen Anspruch geben? Schon das Verwaltungsgericht prüfte damals sorgfältig und fand nichts. Es gibt keine ausdrückliche Regelung, die Altkanzler-Büros garantiert. Ausscheidende Kanzlerinnen und Kanzler haben zwar Ansprüche auf Versorgungsbezüge, jedoch nicht auf Büros mit Mitarbeitern und Chauffeuren. Für den ersten Kanzler der Republik Konrad Adenauer (CDU) übernahm noch dessen Partei die Kosten. Später sollte dann der Bundestag aus Haushaltsmitteln zahlen.

Der Quasi-Rausschmiss wurde im Parlament beschlossen

Traditionell ist es so, dass die Fraktionen dem Ex-Amtsträger aus ihren Reihen die Räume stellen. Das Personal wiederum läuft über das Bundeskanzleramt, das zugleich die Fach- und Dienstaufsicht ausübt. Wer als Journalist etwas über im Büro ausgeübte Tätigkeiten wissen will, hat es dann presserechtlich wiederum mit einer im Prinzip selbstständigen Altkanzler-Behörde zu tun – so zumindest hat es das OVG bereits entschieden.

Es ist also ein Mix aus eigener Behörde, Kanzleramtshilfe und Bundesetat. Schröders Quasi-Rausschmiss wurde damals im Parlament beschlossen, das die Hoheit über die Mittel hat. Im Sommer 2022 flatterte dann ein Brief aus der Regierungszentrale bei ihm herein, das Büro sei „ruhend gestellt“. Die formelle Begründung blieb knapp. Allen war klar, dass Schröder wegen seiner Freundschaft zum russischen Präsidenten Putin gewissermaßen auf die Sanktionsliste kam.

Wie schon vor dem Verwaltungsgericht, ging es nun auch in der Berufungsverhandlung vor allem um ein mögliches Gewohnheitsrecht. Schröders Anwälte trugen erneut vor, frühere Korrespondenz zwischen Kanzleramt und Bundesfinanzministerium belege, dass alle Beteiligten stillschweigend einen solchen Anspruch voraussetzten.

Schröder erzählte von seiner Ukraine-Friedensmission

Richter Wolnicki machte allerdings deutlich, dass er von dieser Art Beweis wenig hält: Man lese in solche Korrespondenz hinein, was man hineinlesen wolle, sagte er. Um ein Gewohnheitsrecht zu begründen, „muss man sich einig sein, dass man etwas als geltendes Recht will“. Dafür gebe es keine Anhaltspunkte. Dass es eine entsprechende Staatspraxis gebe, sei unbestritten - aber eben keine Einigkeit über einen Rechtsanspruch. Etwas hartleibig brachten es die Kanzleramtsanwälte auf den Punkt: „Die Leistung ist eine freundliche, freiwillige Geste“.

Schröder wollte eigentlich nur antworten, wenn er gefragt wird. Aber so richtig hielt er sich nicht daran. Mit Schilderungen seiner „fortwirkenden Verpflichtungen“ unternahm er noch einen letzten Anlauf, die Richter umzustimmen. So berichtete er ausführlich von seinem Vermittlungsversuch zu Beginn des Ukrainekriegs, seinen damaligen Gesprächen in Istanbul und Moskau. „Wir haben versucht, zum Ende des Krieges beizutragen“, erzählte er, um dann festzustellen: „Das ist dann irgendwie verlaufen“.

Es wurde allerdings nicht ganz klar, wie ihm ein Büro gerade bei dieser Mission geholfen hätte.

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