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Die Runde bei Maybrit Illner am 16.12.2021.

© /Maybrit Illner/ZDF

Grünen-Politiker Cohn-Bendit zum Nachtragshaushalt: „Christian Lindner ist über den Tisch gezogen worden“

In der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ geht es mitunter vorweihnachtlich zu, einige Spitzen aber bleiben dennoch nicht aus.

Seit Wochen wird in den Polit-Talks des Landes versucht, die vermeintlichen politischen Fehlentscheidungen der vergangenen Monate in Bezug auf das Management - oder wie viele wohl eher sagen würden - das Missmanagement der Corona-Pandemie aufzuarbeiten.

So lautet der Titel der Sendung von Maybrit Illner an diesem Donnerstagabend „Corona: Politik in der Krise - Krise in der Politik?“ und klingt eigentlich genauso, wie jeder andere Titel der vergangenen Wochen auch.

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Ob „Corona-Desaster - gibt es endlich einen Plan?“, „Pandemie ohne Politik“ oder „Ampel: Im Krisenmodus schon beim Start?“ - eigentlich haben die Zuschauer das alles schon in der einen oder anderen Form gehört, nur mit wechselnden Gästen.

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Diesmal waren es der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil, Friedrich Merz, der für den CDU-Parteivorsitz kandidiert, Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit und stellvertretende ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten.

Erlebt Deutschland eine "politische Triage"?

„Wir alle müssen uns fragen, ob wir das Thema über den Sommer vernachlässigt haben“, sagt Klingbeil selbstkritisch. Einig ist man sich in der Runde darüber, dass Entscheidungen in Deutschland zu langsam getroffen werden. Cohn-Bendit sieht hier den Föderalismus als einen der Gründe.

Dass keine zentralen Entscheidungen getroffen werden konnten, sei in der Pandemie unverantwortlich gewesen, sagt der Publizist. Auch Merz bemängelt, dass große Entscheidungen zu zögerlich getroffen werden.

Das Land müsse modernisiert werden, da sind sich die Teilnehmer einig. Das habe sich die Ampel auch vorgenommen, merkt Illner an, doch werden Themen wie Klimaschutz und Digitalisierung durch die Corona-Pandemie zu kurz kommen? Ob Deutschland eine „politische Triage“ erleben wird, fragt Illner den SPD-Vorsitzenden. 

[Lesen Sie auch: Lars Klingbeil im Interview: „Ich bin nicht der Hausmeister der Regierung“ (T+)]

Zuerst möchte Klingbeil Cohn-Bendit widersprechen. Er glaube nicht, dass es eine Frage des Föderalismus sei. Und auf die Frage von Illner:

„Wenn wir Klimaschutz und Staatsmodernisierung, wenn wir das nicht alles anpacken, dann wachsen wir aus dieser Krise, die uns ökonomisch auch was kostet, gar nicht heraus. Deshalb ist die konkrete akute Pandemiebekämpfung plus die wirtschaftlich Stärke, die durch Digitalisierung, Klimaschutz und Staatsmodernisierung entsteht, der Weg aus dieser Krise.

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Das alles kostet natürlich Geld. „Sie müssen ja jetzt sogar Gelder umschichten“, sagt Illner und spricht den Nachtragshaushalt an, der an diesem Tag im Bundestag debattiert wurde. Milliarden würden jetzt „zwangsentfremdet“ werden, sagt sie. Klingbeil widerspricht sofort.

„Das wird jetzt eine spannende Debatte, weil es sehr viel über das Wirtschaftsverständnis der Union aussagt, das ja sehr altbacken ist“, sagt der SPD-Co-Chef.

Das Geld stehe für die Pandemiebekämpfung bereit, erklärt er. „Und die Pandemie bekämpfen wir, indem wir unser Land ökonomisch stark machen.“

Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung würden helfen, um aus der Krise herauszukommen. Insofern sei das „an keiner Stelle eine Zweckentfremdung“, sondern ein Zeichen dafür, „dass die neue Regierung auf ökonomische Stärke setzt“, sagt der SPD-Vorsitzende.

[Lesen Sie auch: Das Finanzministerium ist seine „dornige Chance“: Scheitert Lindner, scheitert auch die FDP (T+)]

Illner hat direkt ein Video parat. Das zeigt einen Christian Lindner, der jetzt mit auf der Regierungsbank sitzt, Ende Oktober in ihrer Sendung, wie er davon spricht, wie unseriös solch eine Umschichtung wäre. Merz lacht.

„Was haben sie Christian Lindner versprochen?“, fragt Illner den SPD-Mann und bevor der antworten kann, hat schon Cohn-Bendit das Wort ergriffen.

„Der ist über den Tisch gezogen worden“, sagt der Grünen-Politiker und erklärt: „Herr Lindner wollte unbedingt Finanzminister werden, okay. Herr Lindner wollte, dass man die Schuldenbremse einhält, okay. Aber die anderen wollen dieses Programm. So, wie macht man das?“

Und beantwortet seine Frage gleich selbst: „Also musste Lindner eine Position aufgeben“. Und das sei seine Position zu dem sogenannten Schattenhaushalt gewesen.

„Dieses Land hat kein Geldproblem“

„Dieses Land hat kein Geldproblem. Wir haben das noch nie gehabt“, sagt Merz kurz darauf. Das Problem, das Deutschland habe, sei, dass Projekte nicht schnell genug umgesetzt würden.

Geld bleibe übrig, weil Investitionen nicht auf die Straßen kämen, sagt der CDU-Politiker. Spannend sei es jetzt zu beobachten, ob die neue Regierung eine Verwaltungs- und Staatsmodernisierung schaffen werde, wodurch künftig schnelle Entscheidungen getroffen werden können.

„Am Ende ist der Reformstau schuld, den es unter Angela Merkel gegeben hat“, wirft Illner ein. Diesen Reformstau gebe es bereits seit 25 Jahren, sagt Merz, von denen die Sozialdemokraten 19 Jahre an der Regierung beteiligt gewesen seien.

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Kurz darauf kommen die Gäste auf die Impfpflicht zu sprechen - und Cohn-Bendit auf die FDP und Wolfgang Kubicki, der diese vehement ablehnt. „Herr Kubicki, das ist ja unverschämt, was der macht“, sagt er.

Die FDP müsse ihren Freiheitsbegriff neu definieren. „Es ist nicht alles Sache des Staates, aber wenn Leben im Spiel ist, dann ist es Sache des Staates, Leben zu schützen.“ Und er erinnert kurz darauf daran: „In Gefahr und höchster Not, bringt der Mittelweg den Tod“.

„Die Angst vor dem Tod“

Die politische Klasse habe zum ersten Mal seit Ende des Krieges etwas gespürt, was nach 1945 nicht mehr so existiert habe, erklärt er weiter: „Die Angst vor dem Tod“. In einer solchen Situation sei es „die verdammte Pflicht“ des Staates, Leben zu schützen.

In dieser letzten Sendung vor der Weihnachtspause geben sich alle freundschaftlich. Der Wahlkampf ist vorbei, auch für Merz, der für den CDU-Vorsitz kandidiert. Die CDU-Mitglieder haben zum Zeitpunkt der Sendung schon gewählt, die Wahlbeteiligung liege bei 64 Prozent, sagt Merz. Dabei kann er sich gute Chancen ausrechnen.

Ganz zum Schluss der Sendung ergreift Grünen-Urgestein Daniel Cohn-Bendit dann noch einmal das Wort: „Es läuft vieles schlecht in Deutschland, aber die politische Kultur ist besser, als es manchmal in den politischen Talkshows verkauft wird“.

Darauf Klingbeil: „Wir haben gar keinen Hass, wir wünschen uns sogar, dass Herr Merz Vorsitzender wird.“ Und Schausten: „Jetzt wird es aber schon vorweihnachtlich hier“.

David Rech

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