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Protest gegen eine rechte Demonstration im März 2021.

© dpa

Große Unterschiede zwischen Ost und West: Vertrauen in die Demokratie bleibt stabil

Trotz Krieg und Krisen sind fast die Hälfte der Deutschen zufrieden mit unserer Staatsform, das zeigt eine neue Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Doch die Ansichten gehen stark auseinander.

Von Hans Monath

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Die vielfältigen Krisen der vergangenen Jahre wie die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und die Inflation haben die Zufriedenheit der Deutschen mit dem Funktionieren der Demokratie nicht erschüttert. Das Vertrauen in diese Staatsform und ihre Ergebnisse bleibt einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zufolge stabil, wenn auch auf niedrigem Niveau. Laut der am Mittwoch veröffentlichten Umfrage steigerte sich der Anteil der zufriedenen Befragten im Vergleich zur vorangegangenen Studie aus dem Jahr 2019 um zwei Prozentpunkte auf insgesamt 48,7 Prozent.

Dass nur etwa die Hälfte der Deutschen mit dem Funktionieren der Demokratie zufrieden sei, gebe Anlass zur Sorge, sagte das geschäftsführende FES-Vorstandsmitglied Sabine Fandrych. Die Studie dokumentiert zudem große Unterschiede bei der Zufriedenheit je nach sozialer Lage der Befragten und auch zwischen Ost- und Westdeutschen.

Bei beiden Gruppen sank die Zufriedenheit im Vergleich zu vor vier Jahren. Demnach sind Ostdeutsche sowie ökonomisch schlechter gestellte Menschen, solche mit niedrigen Bildungsabschlüssen oder diejenigen, die sich der Unter- oder Arbeiterschicht zurechnen, deutlich unzufriedener mit der Demokratie.

Nach über 30 Jahren deutscher Einheit sind wir noch nicht ein Land.

Frank Decker, Politikwissenschaftler an der Universität Bonn

Die Studie basiert auf einer repräsentativen Befragung von mehr als 2500 wahlberechtigten Deutschen ab 18 Jahren im Sommer 2022. Der durch Umfragen dokumentierte Vertrauensverlust in die Ampelkoalition nach der Debatte über das künftige Verbot neuer fossiler Heizungen fand deshalb keinen Eingang in die Ergebnisse.

Wirkt die Koalition verstritten, sinkt das Vertrauen in die Demokratie

Laut dem Politikwissenschaftler Frank Decker von der Universität Bonn, der Ko-Autor der Studie ist, gibt es einen engen Zusammenhang zwischen dem Vertrauen in das Funktionieren der Demokratie und dem Zutrauen in die Führungsfähigkeit einer jeweiligen Bundesregierung. Wird eine Koalition als zerstritten wahrgenommen, sinkt das Vertrauen in die Demokratie.

Angesichts der Tatsache, dass die Krisenereignisse und damit die Verunsicherung der Bevölkerung zugenommen hätten, könne man die Stabilität des Vertrauens positiv bewerten, meinte Decker.

Allerdings seien nur halb so viele Befragte, die die sich der Unter- oder Arbeiterschicht zuordnen (32,8 Prozent), mit dem Funktionieren der Demokratie zufrieden wie die Angehörigen der oberen Mittel- und Oberschicht (64,2 Prozent).

Auch hat das Vertrauen in Westdeutschland laut Decker leicht zugenommen, währen es in Ostdeutschland leicht nachgab. Im Westen stieg die Zufriedenheit mit der Demokratie demnach um 2,5 Prozentpunkte (auf 52 Prozent), im Osten sank sie um zwei Punkte (auf 34 Prozent). „Nach über 30 Jahren deutscher Einheit sind wir noch nicht ein Land“, sagte Decker.

Laut dem Politikwissenschaftler blicken die Deutschen grundsätzlich „sorgenvoll und pessimistisch“ in die Zukunft. Zwei Drittel der Befragten sind der Ansicht, sie werde nichts Besseres bringen. Am meisten Sorgen machen sich die Deutschen über den Klimawandel und Hass in der Gesellschaft. 76,1 Prozent der Befragten stimmten zudem der Aussage zu, dass die politischen Probleme heutzutage so kompliziert seien, dass sie nur sehr schwer zu durchschauen seien – das ist im Vergleich zur Studie von 2019 eine Verständnis-Verschlechterung von zwölf Prozent.

Vermögen in Deutschland besonders ungleich verteilt

Mit Verweis auf die Abhängigkeit der Zufriedenheitswerte mit der sozialen Lage der Befragten plädierte FES-Vorstandsmitglied Fandrych dafür, die Vermögensungleichheit in Deutschland zum Thema zu machen und durch Instrumente wie eine höhere Besteuerung von Einkommen oder Vermögen zu verändern.

Deutschland weise innerhalb der Eurozone nach Österreich die größte Vermögensungleichheit auf, sagte sie. Ein Großteil von rund 40 Prozent der Vermögen sind auf Vererbung zurückzuführen. Der Gedanke des finanziellen Ausgleichs findet laut der Studie eine breite Mehrheit. Demnach sind 57,6 Prozent der Ansicht, dass eine Politik der Verteilungsgerechtigkeit mittels höherer Steuern auf hohe Einkommen oder Vermögen für mehr Vertrauen in die Demokratie sorgen kann.

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