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Ein 49-jähriger Mann muss sich als mutmaßlicher Terrorist der rechten „Kaiserreichsgruppe“ verantworten.

© dpa/David Young

Update

Mutmaßlicher Rechtsterrorist legt Geständnis ab: „Habe mich reingequatscht in den Blödsinn“

Das Mitglied der sogenannten „Kaiserreichsgruppe“ bricht sein Schweigen: Zu Anschlägen auf Stromleitungen habe er sich bereit erklärt, zu einem Attentat auf Ex-Kanzlerin Merkel aber nicht.

Ein mutmaßlicher Terrorist der rechten „Kaiserreichsgruppe“ hat vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht ein weitgehendes Geständnis abgelegt. Er räume die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und die Beteiligung an einem geplanten Hochverrat ausdrücklich ein, ließ der Angeklagte am Mittwoch von seinem Verteidiger erklären.

„Ich möchte mich von meinem damaligen radikalen Gedankengut distanzieren“, so der 49-jährige aus Heiligenhaus bei Düsseldorf. „Die ganze Sache als solche ist zutreffend. Ich habe mich da so reingequatscht in den Blödsinn.“

Er sehe sich nicht als Reichsbürger. „Ich wollte wieder raus aus der ganzen Geschichte.“ Er habe sich zunehmend von der Reichsbürger-Ideologie distanziert und nur noch nicht gewusst, wie er aussteigen solle. Er habe auch schon damals abgelehnt, sich an einer geplanten Entführung Angela Merkels zu beteiligen. Er habe sich aber zu Anschlägen auf Stromleitungen bereit erklärt.

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Bislang hatte der 49-jährige Angeklagte aus Heiligenhaus bei Düsseldorf zu den Vorwürfen geschwiegen, dann aber am Dienstag ein Geständnis angekündigt.

Die „Kaiserreichsgruppe“ habe einen Staatsstreich vorbereitet und Hochverrat gegen den Bund betrieben, sagte Staatsanwältin Isabel Booz, die die Anklage verlas. Die Demokratie sollte dabei durch ein autoritär geprägtes Regierungssystem ersetzt werden. Der Angeklagte sei über die Internet-Plattform Telegram mit zwei mutmaßlichen Hauptakteuren der Gruppe, die sich derzeit vor dem Oberlandesgericht Koblenz verantworten müssen, in Kontakt gekommen.

Bei mehreren persönlichen Treffen habe er seine Bereitschaft erklärt, am Umsturz mitzuwirken, so die Ermittlerin. Dazu habe sich die Gruppe einen dreistufigen Plan ausgedacht: Es sollten Anschläge auf die Energieversorgung in Deutschland verübt werden. Sprengstoffanschläge auf 16 Stromtrassen sollten zu einem vierwöchigen Blackout führen, der bürgerkriegsähnliche Zustände verursachen sollte.

Dann habe Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) entführt werden sollen. Die Tötung seiner Personenschützer sei dabei in Kauf genommen worden. Zudem sei eine sogenannte False-Flag-Operation erwogen worden: Ein Doppelgänger von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) oder Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe die Absetzung der Bundesregierung verkünden sollen.

Mit Betonpylonen sollten die Zufahrtsstraßen zum Regierungsviertel in Berlin blockiert werden. Zum Schluss habe eine Versammlung von 277 Männern in Berlin, die Deutsche nach dem Staatsbürgerschaftsrecht von 1913 hätten sein müssen, eine neue Regierung bestimmen sollen. Als Grundlage sei eine Ablösung des Grundgesetzes durch die Reichsverfassung von 1871 diskutiert worden, als in Deutschland noch der Kaiser herrschte.

Zudem sei erwogen worden, dass sich Gruppenmitglieder auf der Ostsee mit einem Schiff in Richtung Russland bewegen, um mit den russischen Behörden Kontakt aufzunehmen und zu kooperieren. Bei dem Versuch, automatische Waffen wie Maschinenpistolen vom Typ AK 47 (Kalaschnikow) und Minen zu kaufen, sei die Gruppe an einen verdeckten Ermittler des rheinland-pfälzischen Landeskriminalamts geraten.

Der Angeklagte habe an mehreren Treffen der Gruppe teilgenommen und sei über die Hochverratspläne vollständig unterrichtet worden. Er sollte seine regionale Führungsrolle bei den Anschlägen auf die Energieversorgung übernehmen oder die Versammlung sichern, die die Demokratie ersetzen sollte, sagte die Staatsanwältin. Ihm drohen nun bis zu zehn Jahre Haft.

Der Angeklagte sitzt seit 10. Oktober vergangenen Jahres in Untersuchungshaft. Er habe sich während der Corona-Pandemie und infolge der Flutkatastrophe im Ahrtal radikalisiert. Einem Medienbericht zufolge hatte der Haustechniker 2021 für die Kleinpartei Die Basis kandidiert. Sie gilt als parteipolitischer Arm der „Querdenker“-Bewegung. Das Oberlandesgericht hat für das Verfahren 20 Verhandlungstage bis zum 17. September angesetzt. (dpa)

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