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Online-Plattformen wie Facebook sollen nach dem Willen der EU-Kommission künftig strikter gegen Desinformation vorgehen.

© Olivier Douliery/AFP

Neue Regeln für Facebook und Co.: EU-Kommission will schärfer gegen Desinformation vorgehen

Der Verhaltenskodex für Online-Plattformen soll im Kampf gegen Desinformation verschärft werden. Demnächst könnten den Konzernen saftige Strafen drohen.

Die EU-Kommission will Online-Plattformen wie Google oder Facebook künftig stärker kontrollieren, um die Verbreitung von Desinformation einzudämmen. Das Verbreiten von Lügen in bestimmten Zielgruppen könne Wahlen stark beeinflussen, sagte Kommissionsvizechefin Vera Jourova am Mittwoch in Brüssel zur Begründung. „Das ist etwas, das wir in Europa nicht haben wollen“, fügte sie hinzu.

Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einer Verschärfung eines seit 2018 bestehenden Verhaltenskodex, der den Online-Plattformen beim Umgang mit fragwürdigen Inhalten eine Selbstregulierung auferlegt. Die Kommissionsvizepräsidentin kündigte an, dass im Herbst ein erster Entwurf des neuen Verhaltenskodex vorliegen solle. Jourova wünscht sich, dass dies schon im September der Fall ist. Allerdings dürfte es länger dauern, denn die Plattformen sind selbst an der Ausarbeitung des Selbstregulierungs-Kodex beteiligt.

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Jourova stellte klar, dass es bei dem Vorhaben der EU-Kommission nicht um eine Einschränkung der Meinungsfreiheit gehe. Die vor dem Fall der Mauer in der Tschechoslowakei aufgewachsene Politikerin sagte, sie erinnere sich noch gut an die gesellschaftlichen Folgen der Politik des damaligen Informationsministeriums in Prag. Beim Kampf gegen Falschinformationen gehe es vielmehr um die Eindämmung von Inhalten, die zwar nicht wie etwa Hassreden illegal, aber dennoch schädlich seien. „Wir wollen, dass die Plattformen ein Factchecking direkt einarbeiten“, sagte Jourova mit Blick auf die geplante Verschärfung des Verhaltenskodex.

Nur Twitter hält sich an die Vereinbarung

Seit 2018 haben sich Google, Facebook, Twitter, Microsoft, Mozilla und Tiktok zur Einhaltung des von der Kommission erarbeiteten Verhaltenskodex verpflichtet. EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton kritisierte, dass sich nur einer der Unterzeichner tatsächlich an die Bestimmungen halte. Dabei handelt es sich dem Vernehmen nach um den Kurznachrichtendienst Twitter.

Dass die EU-Kommission aber nicht mehr die Verbreitung von Falschinformationen in Online-Anzeigen, durch automatisierte Bots oder organisierte Manipulationskampagnen hinnehmen will, zeigte sich indes in der Ankündigung von Jourova, dass in Zukunft ein Überwachungs- und Sanktionssystem geplant sei „gegenüber denjenigen, die keine Verantwortung übernehmen“. Der bisherige Verhaltenskodex könnte nämlich dann eine größere Hebelwirkung entfalten, wenn ein gleichzeitig in Brüssel geplantes Gesetz über digitale Dienste (DSA) voraussichtlich im kommenden Jahr verabschiedet wird.

Bußgelder in Höhe bis zu sechs Prozent des Jahresumsatzes

Laut dem DSA, das unter anderem eine stärkere Regulierung für soziale Netzwerke vorsieht, sollen Bußgelder von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes der Plattformen möglich sein. Wie Breton erläuterte, soll nach dem Gesetz über digitale Dienste eine Prüfung möglich sein, in wie weit Algorithmen der Plattformen die Verbreitung von Falschinformationen begünstigten. Der Verhaltenskodex gegen Desinformation soll in der Form verpflichtender Regeln zum Bestandteil des DSA werden.

Breton verdeutlichte, dass das Erkennen von Desinformation von Kindesbeinen auf erlernt werden müsse. Das Video mit der angeblichen Selbstbezichtigung des belarussischen Bloggers Roman Protassewitsch sei für Ältere klar als Beispiel für Desinformation zu erkennen. „Wir haben die entsprechende Bildung, um das zu erkennen“, so Breton. Aber in der digitalen Welt mangele es den Jüngeren noch am Wissen, um Desinformation von echter Information unterscheiden zu können. „Sie müssen sich ihren Weg bahnen in diesem Informationsdschungel, der jetzt ihren Alltag darstellt“, sagte der Binnenmarktkommissar.

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