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Eine Spezialeinheit der Polizei kommt bei einer geplanten Abschiebung aus einem Kirchengebäude zum Einsatz.

© dpa/Bernd Wüstneck

Polizei hatte Kirchenwohnung gestürmt : Abschiebung zweier Afghanen aus Schwerin ausgesetzt

Spezialeinheiten der Polizei hatten am Mittwoch die Wohnung einer Kirchengemeinde gestürmt. Doch vorerst sollen die beiden Afghanen nicht aus Schwerin abgeschoben werden.

Die Abschiebung zweier Afghanen aus einem Kirchenasyl in Schwerin wird vorerst nicht vollstreckt. Die für die beiden Männer zuständige Ausländerbehörde in Kiel begründete das Aussetzen der Abschiebung am Donnerstag damit, dass bei beiden gesundheitliche Einschränkungen anzunehmen sind. Über das weitere Vorgehen werde die Behörde in den nächsten Tagen gemeinsam mit dem schleswig-holsteinischen Integrationsministerium beraten.

Nach Darstellung der evangelischen Nordkirche war es am Mittwoch zu einer bedrohlichen und eskalierenden Situation gekommen, als Spezialeinheiten sich gewaltsam Zutritt zu der Wohnung einer Kirchengemeinde verschafften, in denen sich die beiden Männer gemeinsam mit vier weiteren Familienmitgliedern aufhielten.

Laut Polizei versuchte die Mutter in psychischem Ausnahmezustand, die Abschiebung ihrer erwachsenen Söhne zu verhindern. Gegen sie sei ein Strafverfahren wegen Bedrohung und Nötigung eingeleitet worden. Bei der Mutter, dem 22-jährigen Sohn sowie einer Tochter seien bei Durchsuchungen Messer versteckt am Körper gefunden worden.

Der Nordkirche zufolge ist die Mutter eine bekannte Frauenrechtlerin und Journalistin, die in ihrer Heimat massiv bedroht wurde. Über das Aufnahmeprogramm für Afghanistan des Bundesinnenministeriums und des Auswärtigen Amtes sei der Familie eine Aufnahme in Deutschland zugesichert worden. Die Visumserteilung verzögerte sich allerdings. Da das Leben der Familie in Afghanistan zusehends gefährdet gewesen sei und sich auch der Gesundheitszustand verschlechtert habe, floh sie in den Iran. Von dort aus gelangten sie über Spanien nach Deutschland und stellten dort Asylanträge.

Die deutschen Behörden entschieden laut Auskunft der Stadt Kiel, dass die Familie gemäß der Dublin-III-Verordnung in das Land zurückkehren muss, in dem sie erstmal europäischen Boden betreten haben. Die volljährigen Söhne seien nicht ausgereist. Ihre Rückführung sei der Familie vorab angekündigt worden, sie ist daraufhin am 15. Dezember nach Schwerin gereist. Für die Rückführung beantragten die Behörden in Schleswig-Holstein Amtshilfe in Mecklenburg-Vorpommern. Dieses Amtshilfeersuchen in nun vorerst zurückgestellt.

Beide Kirchen hatten die versuchte Abschiebung kritisiert. Der katholische Hamburger Erzbischof Stefan Heße nannte es „erschreckend, dass die staatlichen Stellen das Kirchenasyl zu brechen versuchten“. Die Bischöfin der Nordkirche bezeichnete die Situation als „retraumatisierend und unzumutbar“. (KNA)

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