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Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) will E-Fuels in Verbrennermotoren auch nach 2035 ermöglichen.

© dpa/Wolfgang Kumm

Streit um das Verbrenner-Aus: Wäre Wissings Kompromiss ein Rechtsbruch?

Verkehrsminister Wissing legt einen Vorschlag vor, der das Ende von Otto- oder Dieselmotoren verhindern soll. In Brüssel stößt das Vorgehen der Liberalen auf Unverständnis.

Die Grünen gehen mit den jüngsten Vorschlägen von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) im Streit um das Verbrenner-Aus für Neufahrzeuge ab 2035 scharf ins Gericht. Die Vorschläge Wissings enthielten „Aufforderungen zum Rechtsbruch“, sagte der Europaabgeordnete Michael Bloss (Grüne) dem Tagesspiegel.

Zuvor hatte Wissings Ministerbüro einen Brief an den Kabinettschef des EU-Kommissionsvizes Frans Timmermans geschickt, der für das geplante Aus für Verbrennermotoren im kommenden Jahrzehnt zuständig ist. Wissing verlangt von der EU-Kommission einen Vorschlag, wie synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, auch nach 2035 in Verbrennungsmotoren eingesetzt werden können. In dem Brief, der dem Tagesspiegel vorliegt, schlägt Wissing einen sogenannten delegierten Rechtsakt für die umstrittenen E-Fuels vor.

Nach Wissings Intervention zugunsten der Verbrennermotoren musste das Brüsseler Gesetzgebungsverfahren, das sich eigentlich auf den letzten Metern befand, gestoppt werden. Der Liberale schlägt in dem Schreiben nach Brüssel nun vor, dass die EU-Kommission das Thema der umstrittenen E-Fuels von der übrigen Gesetzgebung über die Klimaziele bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen auskoppeln soll.

In dem geforderten delegierten Rechtsakt könnte dann nach den Vorstellungen des Verkehrsministers „die Anrechnung von ‚e-Fuels only‘-Fahrzeugen auf die Flottenzielwerte“ ermöglicht werden.

Delegierte Rechtsakte der Kommission können nur schwer von den Mitgliedstaaten und dem Europaparlament wieder gekippt werden. Der Grünen-Europaabgeordnete Bloss wies darauf hin, dass das Initiativrecht für Gesetze in Europa ausschließlich bei der EU-Kommission liege, nicht aber „bei Koalitionspartnern innerhalb der Mitgliedstaaten“.

Europa muss man richtig machen.

Peter Liese, CDU-Europaabgeordneter

„Die europäische Demokratie zu schützen und zu achten ist wichtiger als die Profilierungswünsche einer deutschen Kleinpartei“, kritisierte Bloss weiter. Nach seinen Worten müssten die europäischen Prinzipien respektiert werden, ansonsten werde die EU unregierbar. „Wir brauchen eine handlungsfähige Union und keine Nötigung im Gesetzgebungsprozess“, forderte er.

Bloss ist nicht der einzige Europaabgeordnete, der die plötzlich von der FDP formulierten Nachbesserungswünsche kritisiert. Der CDU-Parlamentarier Peter Liese wies per Twitter darauf hin, dass Wissing im vergangenen Juni und im Oktober die Einigung auf EU-Ebene noch unterstützt hatte, obwohl das Verbrennerverbot enthalten gewesen sei. „Europa muss man richtig machen“, so Liese.

Nach der Intervention der FDP sind auf EU-Ebene mehrere Staaten auf Distanz zu einem Beschluss des Europaparlaments gegangen, der das Ende von Verbrennermotoren ab 2035 vorsieht. Die tschechische Regierung hatte am vergangenen Montag mehrere EU-Staaten zu einem Treffen nach Straßburg eingeladen, bei dem ein längerfristiger Betrieb von Fahrzeugen mit synthetischen, klimaneutralen Kraftstoffen gefordert wurde. Neben mehreren osteuropäischen Staaten nahmen auch Vertreter Deutschlands und Italiens an dem Treffen teil.

Die Länder um Polen, Tschechien, Deutschland und Italien haben in der EU genug Gewicht, um den eigentlich geplanten Beschluss zur Senkung des CO2-Ausstoßes bei Pkw zu blockieren. Wissing sagte anschließend, dass die EU eine Antwort darauf geben müsse, wie klimaneutrale Autos technologieoffen weiterbetrieben werden könnten.

In Deutschland stellt sich unterdessen eine Mehrheit der Bevölkerung gegen ein Verbrenner-Aus ab 2035. Laut dem aktuellen Deutschlandtrend für das ARD-„Morgenmagazin“ lehnen 67 Prozent der Befragten ein Ende des Verbrenners in zwölf Jahren ab. Nur 25 Prozent sprechen sich dafür aus.

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Am größten ist die Zustimmung demnach noch bei jüngeren Wahlberechtigten im Alter bis 34 Jahren – dort betrug sie 33 Prozent. Lediglich bei Anhängern der Grünen stößt der Plan der EU mehrheitlich auf Zustimmung (69 Prozent). Wähler der anderen im Bundestag vertretenen Parteien missbilligen den Vorstoß teils sehr deutlich.

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