zum Hauptinhalt

Brandenburg: Die Sachen des Sohnes

Reine Privatsache? Wie eng ist die Verbindung zwischen der rechtsextremen ANSDAPO und der DVU?

Reine Privatsache? Wie eng ist die Verbindung zwischen der rechtsextremen ANSDAPO und der DVU? Potsdam - Nachdem Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gestern erneut eine rechtsextremistische Vereinigung verboten hat, stellt sich den Sicherheitsbehörden in Brandenburg die Frage, wie stark die rechtsradikale Szene mit anderen rechten Organisationen verbunden ist. Etwa mit der mit sechs Abgeordneten im Landtag sitzenden Deutschen Volksunion (DVU). Denn nach PNN-Informationen haben Verfassungs- und Staatsschutz eindeutige Hinweise darauf, dass es enge Verbindungen gibt zwischen der gestern verbotenen rechten Kameradschaft ANSDAPO aus dem Raum Strausberg und der rechtspopulistischen DVU gibt. Ein wichtiges Mitglied des nach Ansicht des Verfassungsschutzes eindeutig gegen das Grundgesetz gerichteten Vereins ist der Sohn der DVU-Fraktionschefin Liane Hesselbarth. Der 21-jährige F. Hesselbarth fungierte in der Kameradschaft als Kassenwart und Beisitzer des Vereinsvorstandes. Mitglieder der Hitler- und die NS-Zeit-verherrlichenden ANSDAPO waren nach Erkenntnissen des Staatsschutzes auch auf Festen der Brandenburger DVU anwesend. Dabei hatten sie auch ihre deutlich rechtsradikalen Erkennungszeichen getragen: Shirts und Westen mit dem Schriftzug „ANSDAPO“ über einer schwarzen Sonne. Nach Angaben von Schönbohm und Brandenburgs Verfassungsschutzchefin Winfriede Schreiber war die ANSDAPO federführend an der Organisation illegaler Skinheadkonzerte und von Auftritten rechtsradikaler Bands in Brandenburg und Berlin beteiligt. Gestern Morgen hatten mehr als 100 Beamte von Polizei, Verfassungs- und Staatsschutz ab 5 Uhr insgesamt 19 Wohnungen von 18 Mitgliedern der ANSDAPO in der Region Strausberg und zwei Wohnungen in Berlin durchsucht. Es sei umfangreiches Beweismaterial – Waffen, Propagandamittel, Hitler-Büsten und illegale Musik-CD – beschlagnahmt worden. Bei der Durchsuchungsaktion wurde auch das Zimmer des begeisterten Motorradfahrers F. Hesselbarth im Haus der DVU-Fraktionschefin in Strausberg durchsucht. Es sei auch dort umfangreiches Propaganda-Material der rechtsextremen Szene sichergestellt worden. Liane Hesselbarth und ihr ebenfalls in der DVU aktive Ehemann waren nicht anwesend. Sie seien im Urlaub, hieß es gestern. Die DVU-Zentrale in München erklärte gestern gegenüber den PNN, es bestehe keine Verbindung der rechtsextremen Partei zur ANSDAPO. Bei Feiern achte man nicht auf „irgendwelche Schriftzüge, die wir nicht kennen“, sagte DVU-Pressesprecher Bernhard Dröse in München auf die Teilnahme der ANSDAPO-Mitglieder bei DVU-Festen angesprochen. Die Abkürzung ANSDAPO enthält überdeutlich in der Mitte den verboteten Namenszug NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter Partei). Die beiden äußeren Buchstaben A und O stehen gewöhnlich im Zusammenhang mit der NSDAP entweder für die alte Bezeichnung der Auslandsorganisation der Hitler-Partei (AO=Auslandsorganisation) oder für die NSDAP/AO – die Auslands- und Aufbauorganisation, die der Deutsch-Amerikaner Gary Rex Lauck 1972 in den USA gegründet hatte. Zudem ist die schwarze Sonne, über der der Schriftzug prangt, ebenfalls ein eindeutig nationalsozialistisches Motiv. In der Szene gilt sie als Ersatzzeichen für die Doppelrune der SS. Außerdem verweist sie auf die SS-Ordensburg Wewelsburg. In der auf Geheiß von Heinrich Himmler für die SS umgebauten Burg wurde die schwarze Sonne in den Boden des „Obergruppenführersaales“ eingelassen. „Es ist kaum zu glauben, dass Frau Hesselbarth die Kleidung ihres Sohnes und deren offensichtliche Bedeutung nicht kannte“, sagte ein Experte gestern den PNN. Mitglieder der ANSDAPO waren nach Ansicht der Ermittler an mehreren Straf- und Gewalttaten beteiligt, die sich gegen den linken Strausberger Jugendklub „Horte“ und einzelne Klubbesucher richteten. So drangen fünf Mitglieder der ANSDAPO im Januar 2005 in den linken Jugendklub ein. Als sie sich weigerten zu gehen, kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Im Jahre 2000 sind stadtbekannte Klubbesucher von ANSDAPO-Mitgliedern angegriffen und geschlagen worden. Ausgerechnet zu diesem linken Jugendklub hatte die DVU im Landtag im Februar 2000 ihre zweite Große Anfrage gestellt. Liane Hesselbarth sprach von einem „linksextremistisches Zentrum“, einem „Chaotentreff“, der Anwohnern „ein Dorn im Auge“ sei und in dessen Umgebung „Spritzen Drogensüchtiger“ lägen. Und weiter: „Ich und mein Kind haben das oft genug zu spüren bekommen.“ DVU Pressesprecher Dröse: „Na und? Die Fraktion kann doch anfragen was sie will – auch, wenn in Strausberg ein Floh Husten hat.“ Die ANSDAPO hatte am 1. August vorigen Jahres auch versucht, öffentlich einen Verein zu gründen: 17 Mitglieder nahmen an der Gründungsveranstaltung teil und wählten einen vierköpfigen Vorstand. Unter dem Tarn- und Phantasienamen „ Alternative Nationale Strausberger DArt, Piercing und Tattoo Offensive“ beantragten sie beim zuständigen Amtsgericht die Eintragung ins Vereinsregister. Vergeblich: Der zuständige Amtsrichter roch den Braten. Peter Tiede

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false