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Michael Stübgen (CDU), Brandenburger Minister des Innern und für Kommunales, in einer Landtagssitzung.

© dpa/Soeren Stache

Extremismus in Brandenburg: Verfassungsschutz darf auf Kontodaten zugreifen

„Follow the Money“ heißt die Strategie: Brandenburgs Verfassungsschutz darf künftig einfacher auf Bankdaten zugreifen. Die Opposition ist empört.

Brandenburgs Verfassungsschutz kann künftig umfassend auf Kontodaten möglicher Extremisten zugreifen. Schon wenn nur eine „schwerwiegende Gefahr“ für die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder etwa einer „ungesetzlicher Beeinträchtigung der Verfassungsorgane eines Landes“ gesehen wird, darf der Nachrichtendienst des Landes eine Datenabfrage beim Bundeszentralamt für Steuern starten. Bislang war das nur möglich, wenn auch zu Hass und Gewalt aufgerufen wurde. Eine entsprechende Änderung des Verfassungsschutzgesetzes des Landes beschloss der Potsdamer Landtag bei seiner Plenarsitzung am Dienstag. Zur parlamentarischen Kontrolle muss über jede dieser Maßnahmen spätestens im Abstand von sechs Monaten die G10-Kommission des Landtags informiert werden.

„Die Feinde unserer Demokratie agieren zunehmend professionell und sitzen unter anderem auch in Länderparlamenten“, sagte der SPD-Innenpolitiker Uwe Adler. Die derzeitigen Regeln für den Verfassungsschutz seien veraltet und entsprächen nicht mehr der Gefahrenlage. „Ohne die Möglichkeit, umfassende Finanzermittlungen durchzuführen, bleibt unsere Verfassungsschutzbehörde oft im Dunkeln.“

AfD hält Gesetz für verfassungswidrig

Mit den Bankdaten wäre es etwa möglich, nachzuvollziehen, wer ein Treffen einer extremistischen Gruppe finanziert hat, selbst wenn die Finanziers gar nicht an dem Treffen teilnahmen. „Finanzermittlungen sind künftig auch dann möglich, wenn keine Hinweise auf Gewalt oder Hass vorliegen“, sagte Innenminister Michael Stübgen (CDU). „Von extremistischen Bestrebungen können erhebliche Bedrohungen für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ausgehen.“ Daher sei es wichtig, dass der Verfassungsschutz künftig auch die Finanzquellen dieser Bestrebungen in den Blick nehmen könne. „Ich halte das Prinzip ‘Follow the money’ für sinnvoll zur Bekämpfung extremistischer Strukturen, egal welcher Couleur.“

Die AfD-Fraktion, deren Mutterpartei vom Verfassungsschutz beobachtet wird, kündigte allerdings bereits an, die Neuregelung vom Landesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. „Wer schützt uns vor diesem Verfassungsschutz?“, fragte die Abgeordnete Lena Kotré. Der Verfassungsschutz sei nur dazu da, um öffentlich politische Gegner wie die AfD zu diffamieren. Aus Sicht der AfD sei das Gesetz verfassungswidrig. „Warum gerade Sie am lautesten krakeelen, haben wir im Europawahlkampf erlebt“, sagte dagegen der CDU-Abgeordnete Björn Lakenmacher an die Adresse der AfD gerichtet. „Genauso wie Terroranschläge verhindert werden müssen, genau so muss verhindert werden, dass unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung auf Geheiß ausländischer Mächte zerstört werden kann.“

Doch Kritik an dem Gesetz kam auch von Linken und Freien Wählern. „Die Grenze des Sagbaren wird seit Jahren von rechts verschoben, die Grenze des Machbaren vom Innenminister“, sagte die Abgeordnete Marlen Block (Linke). „Größter Verlierer sind die Grundrechte.“ Noch deutlicher wurde der Gruppensprecher der Freien Wähler, Péter Vida: Durch das Gesetz werde die Schwelle für schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Datenabfragen gesenkt. „Es soll bereits die vage Gefahr einer Schädigung ausreichen“, so Vida. „Und die Befugnisse zur Datenabfrage werden sehr weit ausgelegt.“ Hier wäre eine intensive verfassungsrechtliche Prüfung geboten gewesen. „Politische Motivation und Zeitdruck“ seien keine guten Ratgeber für eine Novelle des Verfassungsschutzgesetzes.

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