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Brandenburg: Lektionen aus London für BER-Planer

Olympia-Koordinator gibt Baustellentipps

London/Berlin - Sind die Engländer die besseren Deutschen? Nicht wirklich, denn auch beim viel gelobten englischen Großprojekt Olympia 2012 arbeiteten Deutsche mit – und zwar „wegen unseren guten Rufes“, sagt Klaus Grewe. Der Gesamtkoordinator für die Planung der Olympischen Spiele in London hat das neun Milliarden Euro teure Großprojekt rund eine Milliarde Euro günstiger und vier Monate früher als geplant fertiggestellt. Und er nennt dafür zwei Gründe: Eine akribische Planung und Steuerung des Projektes sowie einen jederzeit einsehbarer Stand der Realisierung der Pläne und der Finanzierung. „Die schlechten Erfahrungen beim Bau des neuen Wembleystadions“ hätten die Engländer zum Umdenken veranlasst, sagt Grewe. Um Kosten, Kalkulationen und Risiken veröffentlichen zu können, seien sogar Gesetze verändert worden. Ganz selbstverständlich sei bei öffentlichen Projekten baubegleitend der aktuelle Stand im Internet nachzulesen. Eine rigide Projektsteuerung sei ganz selbstverständlich, „wenn internationale Großkunden wie Donald Trump oder Pensionsfonds Auftraggeber sind“. Bei öffentlichen Projekten sei eben der Steuerzahler Auftraggeber.

Eigentlich. In der Praxis werden nach einem Super-Gau wie in Berlin-Brandenburg nicht einmal die Protokolle der Aufsichtsratssitzungen ins Netz gestellt. Darauf drängen die Berliner Piraten seit der vorletzten Verschiebung des BER-Eröffnungstermins. „Es fehlt der politische Wille“, sagt Martin Delius, Vorsitzender des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Airport-Chaos. Die Stadt Hamburg sei weiter, verpflichte im „modernsten Informationsfreiheitsgesetz auf deutschem Boden“ öffentliche Unternehmen zu weitreichender Transparenz und Veröffentlichung von Daten – „die haben eine Bringschuld“, so Delius.

Ähnlich wie Grewe sieht Delius eine Ursache des Flughafendebakels darin, dass es keine vernünftige zentrale Steuerung gab. Es habe zwar eine „technische Steuerung“ gegeben, für deren Einrichtung sogar die Flughafengesellschaft umgebaut wurde – doch diese habe versagt. Olympia-Planer Grewe vergleicht die zentrale Steuerung mit dem „Nervenzentrum“ eines Projektes. Dieses müsse ausgehend von einer exakten Ausschreibung einen Zeit- und Kostenplan aufstellen, der bis ins Detail des letzten Schalters und der Platzierung von Hostessen bei der Eröffnung des Airports die Ausführung festlegt. Entlang diesem Leitfaden werde das Projekt realisiert und für Risiken vorgesorgt: „Denn wo Menschen arbeiten, kommt es zu Fehlern“, gerade bei Großprojekten, „denn einen Flughafen gibt es nicht im Supermarkt zu kaufen“.

Und welchen Rat hat der Deutsche in London für die Planer in Berlin? „Gütliche Einigungen anstreben“ im Streit mit gekündigten Firmen, weil man nur so an wichtige Informationen gelange. „Spezialteams bilden“ zur Behebung von Fehlern, deren Auswirkung begrenzt sind. Zudem rät er zum „Neubau, nicht zum Flickwerk“ – alles andere komme teurer.

Pirat Delius zufolge ließen sich die Erfahrungen aus London kurzfristig auf Berlin übertragen: „Um den Fortschritt des Projektes auf einer öffentliche Plattform transparent machen zu können, braucht es nur einen Gesellschafterbeschluss“. So könnten auch Bauexperten der Fraktionen, Steuerzahler und NGOs den Stand der Dinge verfolgen. Ralf Schönball

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