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Linker Wahlkampf in Potsdam. Redner Gregor Gysi.

© Andreas Klaer

Die Linke im Wahlkampf in Potsdam : Würste, Hüpfburg und Gerechtigkeit

Anderthalb Tage vor der Europa- und Kommunalwahl versucht die gebeutelte Linke in Potsdam mit reichlich Politprominenz zu mobilisieren.

Die Linke hat am Freitagnachmittag am Brandenburger Tor zum Wahlkampfabschluss vor der Europa- und Kommunalwahl groß aufgefahren. Neben Kandidatinnen und Kandidaten standen die Parteispitzen aus Bundes- und Landesebene auf der Bühne – und auch Gregor Gysi, seit Jahrzehnten ein Garant für kurzweilige Reden. Die geballte Parteiprominenz kann man als Indiz sehen, dass in der Brandenburger Landeshauptstadt einiges auf dem Spiel steht.

Vor der Bühne hatten sich zwischen 300 und 400 Zuhörer versammelt. Das Publikum war altersmäßig gemischt. Für die ganz jungen stand eine Hüpfburg bereit. Ringsum wurden an Ständen Bücher, Bratwürste und Getränke feilgeboten. Letzteres war auch nötig angesichts des Sonnenscheins und eines insgesamt rund vier Stunden langen Programms.

Vermögensverteilung und Mieten

Parteichef und EU-Spitzenkandidat Martin Schirdewan kam im Laufe seiner Rede immer mehr in Fahrt. „In Potsdam geht mir eben immer das Herz auf.“ Er bespielte klassische linke Themen wie die ungleiche Vermögensverteilung und steigende Mieten.

Die Wahlen seien eine Richtungsentscheidung, ob der Faschismus weiter erstarke. „Dass Ursula von der Leyen die Hand ausstreckt, ist ein Riesenskandal“, sagte er mit Bezug auf deren Annäherung an Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni.

Während Schirdewan sozusagen die Mühen der Ebene abarbeitete, stieg Gysi auf der Bühne kurz nach 17 Uhr gleich mit den ganz großen Themen ein: Krieg und Frieden. Als ausgezeichneter Rhetoriker schafft es der 76-Jährige noch immer, sein Publikum zu fesseln und Widersprüche scheinbar aufzulösen.

So kann er das Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 an mehr als 1000 Israelis „aufs Schärfste verurteilen“ und fordern, dass die „Geiseln sofort freigelassen“ werden, und daran anschließend fordern, dass Deutschland einen palästinensischen Staat anerkennen müsse.

Eine ähnliche Argumentation lieferte er zum Krieg in der Ukraine. Er verurteile den russischen Angriffskrieg. Und der Bruch des Völkerrechts durch Russland sei nicht hinnehmbar. Aber dennoch sagte er auch: „Ein Waffenstillstand ist nötig, damit das gegenseitige Morden aufhört.“

Er bot auch eine Erklärung dafür an, warum der Krieg auch nach mehr als zwei Jahren andauert. Das liege nicht etwa daran, dass Diktator Putin erwarte, seine Ziele noch zu erreichen, sondern daran, dass US-Präsident Joe Biden „Russland so dauerhaft schwächen“ wolle.

Auch die Abtrünnigen vom Bündnis Sahra Wagenknecht bekamen ihr Fett weg. „Ich bin ja eitel“, sagte Gysi, „aber ich bin nie auf die Idee gekommen, eine Partei nach mir zu benennen.“ Da gab es Lacher.

Aber man merkte auch, dass die Abspaltung die Partei tief getroffen hat. Jeder dürfe die Partei verlassen, sagte Gysi. „Aber die Mandate hätten sie nicht mitnehmen dürfen. Das darf man übel nehmen.“ Den Namen der ehemaligen Genossin oder ihres Ehemannes Oskar Lafontaine nahm er nicht in den Mund.

Für viele war damit der Höhepunkt offenbar überschritten. Nachdem Gysi geendet hatte, leerten sich die Reihen zusehends. „Nach Gregor zu reden ist eine olympische Disziplin“, sagte Landeschef Sebaltian Walter, der schon mal auf die Landtagswahl im September einstimmen wollte. „Bleibt doch noch ein bisschen.“

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