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POSITION: Entflechtung der Baumasse

Teile des neuen Landtages sollten auf Nebenflächen ausgegliedert werden Von Hubertus Eilers

Der Landtag von Brandenburg hat am 20. Mai 2005 entschieden, seinen „Landtagsneubau in den äußeren Um- und Aufrissen des ursprünglichen historischen Gebäudes“ am Alten Markt in Potsdam zu errichten. Die Gestalt des Gebäudes wurde nicht abschließend bestimmt. Offensichtlich aber bestand allgemein die Erwartung, dass der Landtag hinter rekonstruierten Fassaden Platz findet.

Die Bauverwaltung des Landes, angesiedelt im Ministerium der Finanzen, hat sich, entgegen der Forderung der Architekten im Land, dazu entschieden, die Gestaltfindung eingeschränkten Investorengruppen im Rahmen eines PPP-Verfahrens (Publik-Private-Partnership) zu überlassen. Das Land sah sich nicht in der Lage, ihr wichtigstes Haus selbst zu finanzieren. Diese Investoren haben nun mit ihren nachgeordnet beteiligten Architekten ihre Entwürfe vorgestellt. Das leider unveröffentlichte Ergebnis dieser Arbeiten muss derart enttäuschend sein, dass unmittelbar infolge der ersten Jurysitzung namhafte Kollegen ihr Jurymandat niedergelegt haben. Die Planungen waren offensichtlich nicht brauchbar und stehen gänzlich vor der Überarbeitung.

Dieses Ergebnis überrascht niemanden wirklich, denn ein Verfahren, bei dem hinter verschlossenen Türen auf der Grundlage unklarer und teilweise unmöglicher Zielvorstellungen geplant wird, ist von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Wir hatten diese Entwicklung vorhergesehen.

Nicht vorhergesehen haben wir die Spende von Hasso Plattner. Dieser bedeutende Mäzen des Landes und der Stadt Potsdam stiftet für eine Rekonstruktion der barocken Fassaden des ehemaligen Schlosses 20 Millionen Euro. Die Verwendung für die äußere Rekonstruktion der Fassaden wurde bereits zwischen dem Stifter und dem Minister der Finanzen vereinbart. Der dritte wesentliche Aspekt in der Betrachtung dieser Bauplanung ist die Tatsache, dass unter Beachtung der Baustruktur und der Proportionen des ehemaligen Stadtschlosses, das Nutzungs- und Raumprogramm des Landtages in der Hülle nicht unterzubringen ist. In Anbetracht dieser widersprüchlichen Situation fordern wir dazu auf, zu einem offenen und inhaltlich ausgerichteten Verfahren zurückzufinden.

Einzig konstant ist der ausgeprägt restaurative Bürgerwille und die gesicherte Finanzierung einer Fassadenrekonstruktion. Man muss kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass die Rekonstruktion der Fassaden nur ein erster Schritt zur Rekonstruktion der Baustruktur sein wird. Der Versuch der Bauverwaltung, diesen Verhältnissen eine ökonomisch ausgerichtete Bauplanung entgegen zu stellen, wird scheitern.

Das Nutzungs- und Raumprogramm eines Landtages ist aber in der Knobelsdorff“schen Hülle nicht unterzubringen. Der Plenarsaal ist schon aufgrund seines Volumens und der notwendigen Haustechnik in die barocke Hofanlage nicht integrierbar. Wir wiederholen unsere Forderung, diesen wesentlichen Teil des Landtages aus dem Bereich des Schloss-Standortes herauszunehmen und in unmittelbarer Nachbarschaft anzusiedeln. Nur in einem offenen Wettbewerb kann für dieses Herzstück die architektonische Form und der Ausdruck einer bürgerlichen Versammlung gefunden werden. Die Architektur, die Baukunst, hat immer den funktionalen, den ästhetischen und den zeitlichen Bezug. Ohne diese Bezüge ist sie nur Zitat. Die Bauaufgabe Landtag stellt darüber hinaus den gesellschaftlichen Bezug. Die „Demokratie ist hier Bauherr“ und diese muss sich grundsätzlich befreien von zwanghafter Ummantelung.

Unser Vorschlag ist aber auch vergleichbar mit einem Ventil. Damit ist der Überdruck derzeitiger Planungen und Erwartungen regulierbar. Mögliche Standorte für unseren Vorschlag einer Entflechtung der Baumasse liegen ausreichend im Umfeld des Schloss-Standortes. Allerdings nur so lange die Stadt diese Flächen nicht veräußert.

Für die Aufgabe Landtag und für die Ausbildung einer städtischen Mitte bleibt die baukünstlerische und bauliche Qualität wesentlich. Das Land und die Stadt der „Bundesstiftung Baukultur“ müssen zu einer im Heute begründeten Baukultur zurückfinden. Und diese Baukultur entsteht nur durch anständige Planungskultur.

Der Autor ist Vorsitzender des Landesverbandes Brandenburgs des Bundes Deutscher Architekten

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