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Blick in die Brandenburger Straße in Potsdam.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Kommunalwahl in Potsdam: Die letzte Bastion wackelt

Die Landeshauptstadt galt als Bollwerk gegen die extrem rechte AfD im Land. Doch diese Zeiten sind vorbei. Wie die Stadtpolitik darauf reagieren muss.

Ein Kommentar von Sabine Schicketanz

Potsdam war Brandenburgs Bollwerk gegen den rechtsextremen Verdachtsfall AfD. Doch die Ergebnisse der Kommunalwahl und Europawahl zeigen: Diese Bastion wackelt. Potsdam ist längst nicht mehr so links-progressiv wie sein Ruf. Bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung liegt die AfD auf Platz vier, nur ein einziger Prozentpunkt trennt sie von der zweitplatzierten CDU, weniger noch von den drittplatzierten Grünen. Vor fünf Jahren wäre ein solches Ergebnis in Potsdam undenkbar gewesen.

Alles nur der Bundestrend? Mit Blick auf die Verluste für Grüne und Linke und dem beachtlichen Abschneiden des Wagenknecht-nahen, neu gegründeten Bündnis für Vernunft und Gerechtigkeit liegt dieser Schluss nahe. Auch die Verteilung der Stimmen erscheint klassisch: Die AfD gewinnt im ländlichen Norden sowie in den Plattenbaugebieten im Süden. Sind es allein die Randgruppen in der Stadt, die den rechten Rand wählen, wie mancher meint?

Wer es sich so einfach macht in Potsdam, macht vieles falsch. Das Ziel muss sein, keinen Teil Potsdams der extremen Rechten zu überlassen. Im konservativen Norden muss die CDU sich fragen, warum sie dort nicht mehr ausreichend überzeugt, und im ärmeren Süden der Stadt haben die einstigen „Kümmerer-Parteien“ SPD und Linke Vertrauen und Stimmen verloren.

Dabei macht die AfD kommunal quasi kein Politikangebot, fehlt in der Stadtverordnetenversammlung überdurchschnittlich oft und wird vermutlich die Sitze, die sie jetzt von den Wählerinnen und Wählern zugesprochen bekommt, angesichts Personalmangels gar nicht dauerhaft besetzen können.

Nachdenkliche Gesichter am Wahlabend bei Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD, M.) und dem grünen Beigeordneten Walid Hafezi (l.).

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Stabil zeigen sich im Parteiengefüge in Potsdam allein die SPD – der VIP-Ticket-Affäre um den Oberbürgermeister und allen parteiinternen Streitigkeiten zum Trotz – und die Wählergruppe Die Andere. Beide konnten allerdings von den massiven Stimmenverlusten der Linken von gut zehn Prozent nicht profitieren, was nach alter Logik zu erwarten gewesen wäre. Ähnliches gilt für die Grünen, die knapp fünf Prozent verloren haben. Aber stattdessen verbuchen AfD und BfW die Zugewinne, knapp 2 Prozent auch Grünen-Konkurrent Volt.

Für Potsdam heißt das Wahlergebnis, dass jetzt auch hier die Zeit einer Koalition der Demokraten gegen die AfD angebrochen ist. Ein Dreierbündnis wie die bisherige rot-grün-rote Rathauskooperation hat keine Mehrheit, auch nicht in anderer Konstellation. Ohne ein fest vereinbartes Vierer-Bündnis allerdings wird es kompliziert und zeitaufwändig, die Stadt auf Kurs zu halten. Für jedes wichtige Vorhaben müssten Mehrheiten neu beschafft werden. Da müssen noch viele über ihre Schatten springen.

Dazu kommt: Potsdams SPD-Oberbürgermeister Mike Schubert ist angeschlagen und nicht der starke Rathauschef, den es gerade jetzt bräuchte, um ständig Mehrheiten zu organisieren. In der neuen Stadtverordnetenversammlung hat er noch weniger Rückhalt. Die Wahlgewinner von AfD, CDU und BfW gehören nicht zu den Schubert-Unterstützern.

In der Verantwortung sind jetzt alle. Sie müssen die AfD in Potsdam wieder zurückdrängen. Mit besserer Politik und einem neuen Stil, der klare Botschaften sendet und Gezänk und Ineffizienz vermeidet. Sonst nimmt Potsdam weiter Schaden.

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