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Landeshauptstadt: Sonne in der Dose

Edit Keller verkauft ungarische Spezialitäten, Leckereien aus dem Karpatenbecken. Scharfe Knacker und starken Kaffee gibt es als Imbiss gleich im Laden

Eine Salami soll es sein, sagt der Mann. „Was Scharfes?“, fragt Edit Keller über den Tresen hinweg. „Ja, was ganz Scharfes“, und berichtigt nach einer Kostprobe: „Naja, eine Spur weniger.“ Die ungarische Salami hat es in sich.

Im Laden von Edit Keller gibt es einige aromatische Entdeckungen. Die „Ungarischen Spezialitäten“ kommen schließlich aus einem Land, das für seine pikanten Produkte bekannt ist. Die geschützte Lage im Karpatenbecken sorgt für ein mildes, sonniges Klima. Perfekt für sonnengereiftes Obst und Gemüse, erklärt die Inhaberin. Edit Keller, gebürtige Ungarin, holt das alles nach Potsdam in ihren kleinen Laden in der Jägerstraße. Mehrmals im Jahr fährt sie in ihr Heimatland und kommt mit Wein, Fleischprodukten, Gemüse- und Obstkonserven zurück. „Bei mir gibt es Sonne in der Dose“, sagt sie. Frische Früchte kann sie leider nicht mitbringen. „So ein reifer Pfirsich ist ein zartes Geschöpf, der würde die Fahrt nicht überstehen.“

Seit mehr als zehn Jahren lebt sie in Potsdam, heiratete einen Deutschen, obwohl sie nie in dieses kalte Deutschland wollte. Und richtete sich mit dem Laden ein kleines Ungarn ein. Sie startete mit einem Regal in einem Antiquitätenladen in Bornim, seit 2005 hat sie den Laden in der Jägerstraße. Ihr Sortiment ist mit der Zeit gewachsen, es gibt hier alles, was man gemeinhin mit Ungarn verbindet. „Nur kein Szegediner Gulasch“, sagt sie lachend, in ihrer Heimatstadt in der Nähe von Szeged kennt das angeblich typisch ungarische Gericht keiner.

In Potsdam hat sie erst mal Deutsch gelernt. Es ist ihr wichtig, mit den Kunden ins Gespräch zu kommen, sie umfassend zu beraten, zu erklären, was das besondere ihrer Produkte ist. Der Kaffee zum Beispiel ist ein sogenannter Dupla, ein sehr aromatischer doppelter Espresso, serviert in einem Kaffeeglas, dazu gibt es Wasser. „Weil wir so dicht dran sind am Kaffeeland Türkei“ sagt sie.

Keller kommt aus einer Agrarfamilie, sie kenne die Rohstoffe und weiß, welche Qualität sie haben müssen. Sie kauft bei kleinen Manufakturen, kennt die Hersteller oft persönlich. Vieles, was es im Geschäft in kleinen Gläsern und Töpfen gibt, ist Bioqualität.„Man wird hier sehr freundlich und fachkundig bedient“, lobt ein älterer Herr.

Gerne lässt sie die Kunden kosten: Von der Wollschweinsalami, vom Mangalica-Schwein oder den Paprikaknackern. Von Marmeladen und Obstmus, hochkonzentriert, eine reduzierte Paste voller Geschmack. Sie hat diverse Sorten mit Kräutern veredelten Honigs im Angebot, Puszta-Honig mit Salbei und Zimt, Kardamom, Knoblauch oder Ingwer. Scharfe Gewürze, Paprika, Senf, Meerrettich. Eine Augenweide ist auch die Vielfalt an buntem eingelegtem Gemüse. Ungarn, das ist mehr als „Letscho“, obwohl es genau das auch bei ihr gibt. Im Schaufenster steht ein Glas mit diesem nostalgischen Etikett. DDR-Bürger kennen das noch, Paprika in Tomatensoße, das Gemüse für alle Fälle.

Wer ungarisch kochen will, bekommt neben den Zutaten auch Küchenutensilien. Rotes Emaillegeschirr, Keramik, riesige Zwölf-Liter-Gulasch-Kessel mit einem eisernen Haken, um sie übers Feuer zu hängen. Dazu gibt’s Rezepte und Ideen, wie man die Produkte verwendet. Und natürlich bekommt man hier ungarische Weine. Eine ganze Wand nimmt das Regal für Weine und Obstbrände ein. „Die Leute fragen nach Tokajer und Stierblut, weil sie das aus DDR-Zeiten kennen, aber es gibt ja so viel mehr“, sagt Edit Keller: Rotweine aus Villany, Eger und Szekszard, Weißwein aus Somlo, dem Balaton-Gebiet, Buda, und Kleinkumanien. In Ungarn gebe es mittlerweile viele junge, moderne Winzer, die hochwertigen Wein, vor allem weißen, produzieren. Immer freitags kommt eine Stammkundin auf ein Glas Weißen vorbei und Edit Keller legt ungarische Musik ein. Die beiden freuen sich schon auf die nächste Antikmeile Ende September, wenn es im Laden wieder ungarische Livemusik geben wird. „Dann ist hier richtig Stimmung“, schwärmt die Kundin.

Manchmal kommen Landsmänner der kleinen ungarischen Diaspora an der Havel vorbei, auch viele Ungarn-Fans, die nach einem Urlaub hier bekannte Lebensmittel suchen, den Kräuterbitter Unikum, Wein, Kekse und Schokolade aus dem Balatonland. Und auch Potsdam-Touristen finden das Spezialitätengeschäft: So einen Laden wünschen sich manche in Stuttgart oder Hamburg, und solange es keinen gibt, fahren sie im Urlaub bei Edit Keller vorbei.

Im Herbst ist sie selbst wieder unterwegs, dann holt sie Weihnachtliches aus Ungarn. Darunter auch Kisten voller Szaloncukor, sogenannte Weihnachtspralinen mit verschiedenen Trüffel-, Gelee- und Marzipanfüllungen in goldglänzendem Papier, mit denen in Ungarn traditionell der Weihnachtsbaum geschmückt wird. „Im Dezember verkaufe ich die kiloweise“, sagt Edit Keller.

Jägerstraße 35, Tel. (0331) 2016909

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