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In Wartestellung. Nicola Hutton unterrichtet vorerst keine Taxifahrer.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Verschobener Unterricht

Nicola Hutton gibt Englischkurse in Potsdam – und sollte Taxi- und Busfahrer für den BER fit machen

„Can you take me to the hotel, please? – Können Sie mich bitte zum Hotel bringen?“ Solche Fragen auf Englisch zu verstehen und auch die entsprechenden Antworten geben zu können – das zu vermitteln ist Nicola Huttons Job.

Doch seit dem abermals geplatzten Termin für die Eröffnung des BER-Flughafens kann sie sich damit nun wieder Zeit lassen. Die 46-jährige Hutton, die in Potsdam Englischkurse offeriert, war von einem großen Fuhrunternehmen, das am Schönefelder Flughafen Fahrdienste anbietet, beauftragt worden, das Englisch seiner angestellten Bus- und Taxifahrer aufzupolieren. „Ich war dem Chef der Firma empfohlen worden“, sagt Hutton, „der hatte sich daraufhin meinen Unterricht angeschaut und mich gefragt, ob ich das machen will“.

Das Fuhrunternehmen hat einen Vertrag mit zwei Berliner Hotels, zu denen es Shuttle-Angebote unterhält – die Fahrer sollten dem erwarteten Ansturm von ausländischen Gästen schließlich auch verbal gewachsen sein. Anfangs sollte es nur ein Crashkurs sein, doch schnell wurde klar, dass die Fahrer nicht nur mit ein paar Standardsätzen auskommen würden. Zudem war das Lernniveau der etwa zehn Englisch-Schüler sehr unterschiedlich, manche hatten noch nie Englisch gesprochen. Also richtete Hutton erst einmal einen Anfänger- und einen Fortgeschrittenenkurs ein und gab eineinhalb Stunden Unterricht pro Woche.

Zusammen mit den Fahrern stellte Hutton normale Unterhaltungssituationen nach: Das fing beim Wetter und der Uhrzeit an und endete bei speziellen Themen, wie der immer wiederkehrenden Frage „Is this shuttle for free?“ („Ist dieser Shuttle-Service umsonst?“). Die meisten Fahrer waren bereits geübt darin, auf Fragen nach Sehenswürdigkeiten oder Wegebeschreibungen zur Gepäckaufgabe und der jeweiligen Abflughalle Auskunft zu geben, aber nun mussten sie das alles noch mal auf Englisch lernen. Nicht alle waren begeistert über ihre kleine Weiterbildung: „Einer meinte: ‚Wieso muss ich das wissen, ich kann meine Schlager auf Deutsch hören’“, sagt Hutton augenzwinkernd. „Aber es gab auch andere, die noch mehr lernen wollten.“

Hutton ist mit der englischen Sprache quasi verheiratet, denn 1988 lernte sie ihren heutigen Mann kennen, den Engländer Alexander Hutton. In ihrem Haushalt – Hutton hat zwei Kinder – werden beide Sprachen gesprochen, sagt die gebürtige Bonnerin, die seit 2008 in Caputh wohnt. 1998 war Hutton nach Potsdam gezogen, wo sie bis 2010 Deutsch- und Englisch-Unterricht im Babelsberger Filmgymnasium gab. Dann jedoch erkrankte sie schwer, der Stress hatte ihr zugesetzt.

Nachdem sie sich erholt hatte, beschloss sie, kürzerzutreten und sich selbstständig zu machen. Seitdem gibt sie Englischkurse für Erwachsene in Potsdam, stets unter dem Motto: „Englisch in gemütlicher Runde“, also bei Tee, Kaffee und Keksen, häufig etwa in der Begegnungsstätte „Schickes Altern“ oder dem Café 11-Line. Dabei stellt sie sich ganz auf das Lerntempo ihrer Schüler ein – oder besser gesagt Schülerinnen, denn die Sprachkurse besuchen weitaus mehr Frauen als Männer. „Es gibt gerade unter den Älteren einen großen Bedarf an Englisch-Unterricht in Potsdam“, sagt Hutton. „Manche haben in der DDR nie Englisch gelernt, wollen das aber jetzt nachholen – weil sie gerne reisen, ihre Kinder für den Englisch-Unterricht abfragen oder sich mit den ausländischen Partnern ihrer Kinder unterhalten wollen.“

Mit ausländischen Gästen werden sich die Taxi- und Busfahrer am BER fürs Erste nicht unterhalten. Die im Frühjahr 2012 gestarteten Sprachkurse liefen nur drei Monate. Dann kam die Nachricht von der Verschiebung der Flughafeneröffnung, jetzt wurde der Termin abermals gekippt. Doch das Fuhrunternehmen will die Kurse weiterführen, wenn klar ist, wann es losgeht am BER. So lange bringt sie weiter den Potsdamern Englisch bei. Erik Wenk

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