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Landeshauptstadt: Wiedersehen in Grube

Zwölf Störche sind auf dem Weg von Afrika nach Potsdam – der erste ist schon angekommen

Ein bisschen erschöpft sitzt er in seinem Horst auf dem Schornstein in Grube, ordnet das zerzauste Gefieder und schaut sich in Ruhe die vertraute Umgebung an: Ob sich etwas verändert hat während seines Winterurlaubs? Schließlich war er gerade mehr als ein halbes Jahr weg von zu Hause, im fast 10 000 Kilometer entfernten Südafrika.

Der Weißstorch auf dem Dach der Autolackiererei in Gruber ist in diesem Jahr als erster der Potsdamer Störche zurückgekehrt, eine Woche früher als üblich. „Vor dem 2. April ist er noch nie gekommen“, sagt Inhaber Manuel Dietrich. Seit 1987 kommen die Störche zu ihm, „aber bis zur Wende mussten sie sich ihr Nest noch selbst bauen“. Seitdem hat der Naturschutzbund (Nabu) aus den jährlichen Provisorien einen stabilen Sitz auf dem Schornstein des Betriebs gemacht. Der Storchenmann kommt üblicherweise eine Woche früher als die Storchenfrau, auf die er nun im frisch renovierten Nest wartet. Anders als ein weit verbreiteter Irrglaube besagt, sind sich Storchenpaare aber keineswegs immer treu: Störche seien eben standort- nicht paartreu, erläutert Manfred Pohl, der seit Jahren für den Nabu die Potsdamer Storchennester betreut. Deshalb könne es durchaus vorkommen, dass das Männchen ein anderes Weibchen, das zufällig über sein Nest fliegt, mit lautem Klappern anlocke. Das Geräusch, das auch dem „Klapperstorch“ seinen Namen gab, ist wegen der kaum ausgebildeten Stimme das wichtigste Mittel zur Kommunikation für den Storch. Doch das Männchen im Grubener Nest scheint es noch nicht für nötig zu halten, lautstark seine Anwesenheit kund zu tun. Verständlich, wenn man bedenkt, dass der Vogel fast zwei Monate unterwegs war, um nach Potsdam zu kommen. Und er hat viel gesehen auf der „Ostroute“: Über den Sudan und Ägypten fliegt er nach Syrien und den Bosporus. Das Mittelmeer kann er überqueren, weil er die Thermik, also Aufwinde, zum Fliegen nutzt – und die gibt es über dem Meer nicht.

Wenn alles klappt, kommt seine Partnerin in den nächsten Tagen nach, dann dauert es nur ungefähr zwei Wochen, bis sie drei bis fünf Eier legt. Gleichberechtigung bei der Arbeit kennen Störche schon lange: Männchen und Weibchen brüten abwechselnd, bis dann nach gut einem Monat die Jungen schlüpfen.

In Vetschau im Spreewald gibt es schon seit dem Jahr 2000 eine Möglichkeit, den weitgereisten Vöglen ganz genau ins heimische Nest zu schauen: Der Nabu hat dort eine Kamera installiert, deren Bilder man auf www.storchennest.de im Internet sehen kann. Auch in Potsdam sei so eine Webcam geplant, erzählt Manfred Pohl, Einzelheiten dazu stünden noch nicht fest. Falls es in diesem Jahr noch etwas werden soll, muss sich der Nabu aber beeilen: Schon im August machen sich die Potsdamer Störche wieder auf den Weg nach Süden.

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