zum Hauptinhalt

Kultur: Vom Ineinanderblenden

Der Maler Lothar Krone und der Fotograf Michael Lüder in der Internet-Galerie ART Mark.t

Zwischen den beiden Künstlern scheinen Welten zu liegen. Auf der einen Seite Lothar Krone, der die Genese seiner „Fotoscribi“ redselig bis ins Detail beschreibt. Auf der anderen der stille und doch mitteilsame Fotograf Michael Lüder. In der Kunstszenesind beide stadtbekannt. Und noch etwas haben sie gemeinsam. Sie werden von derselben Galerie vertreten und sind dort neuerdings in einer Doppelausstellung vereint. Im Showroom der von Hanne Landbeck und Angelika Euchner geführten Internet-Galerie „Art Market“ präsentieren sich Maler und Fotograf jeweils mit einem ganz speziellen Werkzyklus.

Michael Lüder zeigt ausgewählte Schwarz-Weiß-Baryth-Handabzüge. Der Fotograf lenkt den Fokus seiner Linse gerne auf Details. Zu seinen Entdeckungen gehören Sandsteinskulpturen, Fassaden oder entblößte Füße unterm Gartentisch – überwiegend dargeboten im fotografischen An- und Ausschnitt. Gestochen scharfe Fotos sowie Momentaufnahmen, bei denen der Fotograf gezielt mit Unschärfe operiert, wechseln einander ab. Diese an unterschiedlichen Orten entstandenen Bilder sind vom selben Grundgefühl getragen. Michael Lüder hat sie unter dem assoziationsreichen Titel „... Und fließt ein Glück am Munde dir vorbei“ zusammengefasst. Dichtung ist für den Fotografen immer mehr zu einer Ausdrucksform geworden, um eigene Empfindungen und Erlebnisse aus der Erinnerung heraus zu destillieren. Mit dem vorliegendem Werkzyklus hat er nun erstmalig gewagt, eigene Fotos mit lyrischen Versen zu kombinieren. Dabei stellte Michael Lüder seinen eigenen Versen kraftvolle Gedichte von Ingeborg Bachmann, Friedrich Hölderlin, Else Lasker-Schüler, Erich Fried und anderen an die Seite. Dichterische Grundmotive wie Sehnsucht, die Erfahrung von Nähe und Entfremdung, von Abschied und Neuanfang sollen sich in der Symbiose von Text und Bild verdichten. Manche der in feinen kalligraphischen Schwüngen von Kathrin Ludwig unter die Fotos gesetzten Gedichte entwickeln indes eine Wirkung, vor der die Fotografien es in einigen Fällen nicht leicht haben, zu bestehen.

Auch Krone arbeitet mit gesammelten Motiven. Wieder eine Gemeinsamkeit. Wie bei Lüder erhalten die motivischen Assoziationen an Frau und Weiblichkeit zudem auch in Krones Kunst eine bevorzugte Rolle. Wenn er seine Fotoscribi in einer Art Sisyphos-Arbeit Schicht für Schicht entstehen lässt, steht jedes Mal ein eigenes Foto (häufig von einer Frau) am Ausgangspunkt der Bildfindung. Um dann im Laufe der weiteren Bildgenese unweigerlich unter einer Pergamentpapierkaschierung zu verschwinden. Weiter geht es mit einer Mischtechnik, bei der nacheinander Aquarellfarbe, unterschiedlichste Zeichenstifte und nach Bedarf weitere Fotos zum Einsatz kommen. Der in großer Fleißarbeit gefertigte Bildkarton wird zur Projektionsfläche für eigene Erinnerungen, Beziehungen und Wünsche des Künstlers. Ein bisschen wirken Lothar Krones Fotoscribi wie Vexierbilder. Das sich Einlassen auf das bunte Sammelsurium von übereinander geschichteten und sich zu neuen Bildlandschaften zusammenfügenden Details ist eine echte Herausforderung an den Betrachter. Inwiefern er sich mit seinen Blicken in die stellenweise arg wimmeligen Bilder versenkt, ist nicht zuletzt eine Frage der Muße und auch des Geschmacks. Einige ältere Beispiele von Lothar Krones Fotoscribi unterscheiden sich von den aktuellen Arbeiten, weil der Künstler in ihnen den Motiven mehr Platz zum Atmen lässt.

Durch das Ineinanderblenden von Fotos, Malerei und graphischer Gestaltung ist in den Fotoscribi ohnehin schon für reichlich Abwechslung gesorgt. So reizvoll die Grundidee und die offenkundige Fabulierlust des Künstlers, so dienlich wäre manch einem seiner komplex angelegten Bilder mitunter ein Tick mehr Mut zur Lücke.

Bis 28. März, Mi+Fr 15-19 Uhr, Hermann-Elflein-Straße 18b/Luisenforum: ArtMarket-Showroom

Almut Andreae

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false