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Glaubensfragen. Nathan (r.) mit dem Derwisch.

© Constanze Henning/Poetenpack

Zeitloses Plädoyer für Toleranz: Wiederaufnahme von „Nathan der Weise“

Kann man das Wort „Toleranz“ wertfrei verwenden, oder schwingt darin auch ein Hauch Herablassung mit? Bedeutet das, Andersartige zu tolerieren, eine Begegnung auf Augenhöhe, oder ist damit nur gesagt, dass der Tolerierende auf feindselige Vorstöße gegen den Tolerierten verzichtet?

Kann man das Wort „Toleranz“ wertfrei verwenden, oder schwingt darin auch ein Hauch Herablassung mit? Bedeutet das, Andersartige zu tolerieren, eine Begegnung auf Augenhöhe, oder ist damit nur gesagt, dass der Tolerierende auf feindselige Vorstöße gegen den Tolerierten verzichtet? Lessings dramatisches Gedicht „Nathan der Weise“ von 1779 gilt gemeinhin als eloquenteste Umsetzung des Toleranzgedankens der Aufklärung. In der berühmten Ringparabel überzeugt der Jude Nathan den muslimischen Sultan Saladin davon, dass keine der drei monotheistischen Weltreligionen den Alleinvertretungsanspruch auf Gott hat. Das Potsdamer Theater Poetenpack hat sich bereits im vergangenen Spätherbst des immer noch aktuellen Stücks angenommen. Im Spätherbst 2015 kam es in der Französischen Kirche am Bassinplatz unter der Regie von Andreas Hueck zur Aufführung. Sie wurde durch großzügige Spenden von Potsdamer Bürgern unterstützt.

Die sehr dichte Inszenierung wird nun am 26. Oktober innerhalb der Potsdamer Veranstaltungsreihe „Anders als du glaubst ...“ wieder in der Französischen Kirche, die im Zuge des Toleranzgedankens Friedrichs des Großen erbaut wurde, zu sehen sein. Neben professionellen Schauspielerinnen und Schauspielern wirken auch diesmal Schülerinnen und Schüler mit muslimischen, jüdischen und christlichen Wurzeln mit. Die Rituale, die sie mit Gebeten und Liedern ihrer Religionen zum Erlebnis werden lassen, bringen eine unverwechselbare Farbe in die Inszenierung. Sie machen das Gemeinsame des Glaubens bildhaft. Teo Vadersen wird wieder den Nathan spielen, als Weltbürger, der mit freundlicher Ironie all die „Wunder“, die auf ihn gekommen sind, betrachtet und sie auf die Logik menschlichen Verhaltens zurückführt, der sich aber auch wünscht: „Ach! Wenn ich einen mehr in euch gefunden hätte, dem es genügt, ein Mensch zu heißen!“

Das Schöne am Stück: Man merkt dem Text das Alter von gut 240 Jahren nicht an. Auf der Bühne spricht Lessing, und doch hört man Themen und Sätze von heute. Die Ringparabel von der Gleichheit, Gleichwertigkeit und Verwandtschaft der Religionen stimmt immer noch, auch der Appell, jede Religion möge ihren Ring durch Toleranz und Liebe zum Leuchten bringen. Das zeitlose Plädoyer für die Notwendigkeit der Verständigung über alle religiösen und ethnischen Unterschiede hinweg gehört gegenwärtig zu den meist gespielten Stücken in Deutschland.

26. bis 30. Oktober um 19 Uhr in der Französischen Kirche am Bassinplatz. Eintrittskarten über Tel.: (0331) 979 12 91

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