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Der von Abschiebung bedrohte Flüchtling aus Kamerun darf seine Ausbildung in Groß Kreutz fortsetzen.

© Ralf Hirschberger/dpa

Groß Kreutz: Bäckerlehrling aus Kamerun darf vorerst in Deutschland bleiben

Seine Integration verläuft wie nach dem Bilderbuch - trotzdem sollte ein Bäckerlehrling aus Kamerun von Brandenburg nach Italien abgeschoben werden. In letzter Minute lenkt die zuständige Behörde nun ein.

Groß Kreutz/Potsdam - Ein von Abschiebung bedrohter Bäckerlehrling aus Kamerun darf seine Ausbildung in Groß Kreutz (Potsdam-Mittelmark) fortsetzen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) habe kurzfristig entschieden, das Asylverfahren des 29-Jährigen in Deutschland weiterzuführen, bestätigte das Brandenburger Wirtschaftsministerium. "Ich bin überglücklich", sagte Julio Kengne, als Landeswirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) ihm am Samstag die Nachricht persönlich in der Backstube überbrachte. Der Flüchtling will nun seine Ausbildung bei der Bäckerei Fischer abschließen.

Ursprünglich sollte der Kameruner, der Anfang September mit Zustimmung der Ausländerbehörde seine Ausbildung bei der Bäckerei begonnen hatte, am kommenden Donnerstag nach Italien abgeschoben werden. Denn dort hatte er nach einer gefahrvollen Flucht über das Mittelmeer in einem Schlauchboot zum ersten Mal europäischen Boden betreten. Nach dem sogenannten Dublin-Verfahren wäre somit Italien für das Asylverfahren zuständig.

Gerber: Nachwuchs für Handwerk und Industrie sichern

Doch Minister Gerber hatte sich gemeinsam mit der Handwerkskammer beim Bundesamt für den Auszubildenden eingesetzt. "Zuvorderst geht es mir darum, dass wir für Handwerk und Industrie den Nachwuchs sichern", sagte der SPD-Politiker. Viele Lehrstellen seien unbesetzt, viele Unternehmen suchten händeringend Leute.

Außerdem sei der 29-Jährige bereits vorbildlich integriert, betonte der Minister. "Er spricht schon recht gut Deutsch und eine Wohnung hier im Ort hat ihm die Familie Fischer auch schon besorgt. Außerdem ist er in der Kirchengemeinde aktiv." Das Ministerium hoffe, dass Julio nun auf jeden Fall seine Ausbildung abschließen könne.

Hoffen auf eine Perspektive in Groß Kreutz

Auch Bäckermeister Heino Fischer ist voll des Lobes für seinen Azubi. "Man merkt, dass er nicht erst 16 Jahre alt ist sondern mit 29 schon ein gestandener Mann", sagte er. "Ein Mann, der die Arbeit sieht, umsichtig und fleißig ist und seinem Meister hilft." Dies müsse er seinen jüngeren Azubis meist erst beibringen.

Julio Kengne hofft, sich in Groß Kreutz nun eine Perspektive aufbauen zu können. "Ich kenne den Unterschied zwischen Schrippen und Semmeln", lachte er. In Kamerun habe er vor seiner Flucht im Sommer 2015 drei Jahre lang Wirtschaftswissenschaften studiert. Dann habe er dort nicht mehr bleiben können, sagte Kengne, ohne Einzelheiten zu nennen. Über Stationen in Dortmund und Köln kam er nach Brandenburg. "Bäcker in Groß Kreutz ist eine tolle Sache", meinte Kengne zufrieden.

Am kommenden Dienstag kann er bereits aus dem Flüchtlingsheim in die Wohnung in Groß Kreutz ziehen. "Zu unseren Arbeitszeiten mitten in der Nacht klappt die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht", sagte Bäckermeister Fischer dazu. (dpa)

Klaus Peters

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