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Potsdam-Mittelmark: Picasso in Nudow

Kulturfestival mit großen Namen im kleinen 450-Einwohner-Ort. Altes Spritzenhaus wird Museum

Nuthetal - Originale von Ernst Barlach, Salvador Dalí, Pablo Picasso , Max Liebermann, Heinrich Zille, Marc Chagall und anderen Künstlern werden im August und September wieder in der kleinen Nudower Dorfkirche zu sehen sein. Mit der inzwischen achten Ausstellung, Konzerten und einem Kinderfest feiert der 450 Einwohner zählende Ort auch in diesem Sommer sein kleines „Kulturfestival“. Doch dieses Mal ist einiges anders. So wird die Berliner Kunstsammlerin Ursula Hollop, langjährige Organisatorin der inzwischen weit bekannten Verkaufsausstellung in Nudows Kronkirche, letztmalig die Verantwortung übernehmen. Der Gemeindekirchenrat bekommt also sein Zepter zurück. Bilder will sie den Veranstaltern aber weiterhin zur Verfügung stellen. Auch das musikalische Programm soll diesmal etwas zeitgemäßer sein: Zur Eröffnung der unter dem Titel „Stadt und Land – Bilder aus dem 19. und 20. Jahrhundert“ stehenden Schau am 14. August wurde der Berliner Gospel-Chor „Wings of Joy“ verpflichtet. Die Finissage übernimmt eine Big Band mit jazzigen Klängen – als ganz großes Dankeschön für Ursula Hollops langjährige Hilfe bei der Restaurierung des 1733/34 im Auftrag des zweiten preußischen Königs, Friedrich Wilhelm I., offenbar recht huschig gebauten Gotteshauses.

Das Ausstellungskonzept war von Anfang an pragmatisch. Man wollte nicht nur „Kunst und Kirche“ unter einem Dach vereinen, sondern auch Benefiz und Kommerz. Wenigstens zehn Prozent des Erlöses kommen seither der Restaurierung der kleinen Kirche als Spende zugute. Darauf muss sich jeder einstellen, der hier ausstellen will. Neben den Werken international bekannter Maler aus Ursula Hollops Beständen sind ja inzwischen auch Künstler aus der Umgebung in die jährliche Verkaufsausstellung integriert, und der Anfragen gibt es genug. Mehr als fünfzig Werke werden im Ganzen gezeigt, Ölbilder, Aquarelle, vorzügliche Grafik bis zur Empore hinauf. Unsicher wurde der Gemeindekirchenrat um Thomas Engelhardt lediglich bei der Frage, ob angesichts der Trauer um Opfer von Massakern und Hungersnot in der Welt eine solche Kultur-Veranstaltung angebracht sei. Mit „Das eine tun, ohne das andere zu lassen“ fand man eine echt salomonische Antwort.

Am 14. August wird aber nicht nur das Signal für die bis Ende September laufende Ausstellung gegeben. Ein zweiter Höhepunkt in Sachen Kultur wird die Eröffnung eines kleinen Museums im ehemaligen Spritzenhaus sein. Diese Initiative ist gleichsam eine späte Frucht der 650-Jahr-Feier des Ortes vor zwei Jahren. Geschichts- und traditionsbewusste Nudower um Monika Fürstenberg und Kerrin Hamann wollten weder den Enthusiasmus der Einwohner als auch die vielen „Fundstücke“ jener Zeit einfach wieder verschwinden lassen. Mit viel Liebe und der Hilfe von ortsansässigen Firmen gelang es etwa zwanzig Aktivisten, in vielen Stunden ehrenamtlicher Arbeit das mehr als zweihundert Jahre alte Gebäude wieder auf Vordermann zu bringen. Neben Schautafeln zur Vergangenheit und Gegenwart des verträumten Straßen- und Pferdedorfes werden vornehmlich Exponate gezeigt, die man bereits zur 650-Jahrfeier im alten Gemeindehaus sah, darunter auch Fotos aus hiesigen Familienalben. So wird Nudows paganische Vergangenheit wieder Gegenwart, wenn auch auf engstem Raum, denn das Häuschen auf dem Weg zur Straße Unter den Linden ist wirklich nicht groß. Die ehrenamtlichen Museumsleute haben dem bewundernswerten Projekt, das ganz ohne öffentliche Zuschüsse und Fördermittel auskommen musste, den hübschen Namen „Nudow ... seh’ um!“ gegeben.

Ausstellungseröffnung in der Kirche am 14. August um 15 Uhr, geöffnet bis 25. September an den Wochenenden von 13 bis 18 Uhr. Museumseröffnung im Spritzenhaus am 14. August um 13 Uhr.

Gerold Paul

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