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Sport: Auf Schlingerkurs

Die Zeit der deutschen Kanu-Dominanz ist vorbei

Von Frank Bachner

Berlin. Ulrich Feldhoff blickte triumphierend. „Bitte, wer“, fragte der Präsident des Deutschen Kanu-Verbands ein paar Journalisten, „wer holt denn bei Olympischen Spielen die ganzen Medaillen?“ Na klar, die Kanuten. Die räumen ab. Vor ein paar Jahren stellte Feldhoff diese Frage, aber da war für ihn die sportliche Welt auch noch in Ordnung. Jetzt sagt er: „Ich will Konzepte hören, wie unsere Probleme möglichst schon 2003 zu beseitigen sind.“ Die Probleme sind nicht die drei Gold-, fünf Silber- und drei Bronzemedaillen, die Deutschlands Kanuten gerade bei der Weltmeisterschaft gewonnen haben. Die Probleme sind die vier der zwölf olympischen Disziplinen, in denen sie nicht einmal ins Finale kamen. Und 2004 schon sind die nächsten Olympischen Spiele. Droht etwa der Untergang einer ruhmreichen Flotte?

Der Untergang nicht, aber ihr bisheriges Niveau werden die Deutschen kaum halten können. Denn ein paar Probleme sind auch mit den besten Konzepten nicht zu lösen. Zum Beispiel die Stärke der Konkurrenz. Früher betrieben höchstens die Ungarn, bei denen Kanu Volkssport ist, und die Russen so intensiv Kanu als Leistungssport wie die Deutschen. Aber jetzt holen immer mehr Nationen auf. Nicht mit einer ganzen Flotte, mit Einzelsportlern meist nur, aber in der Summe stoßen die Deutschen auf bessere Gegner als früher. Und oft genug sind die dann Profis und trainieren genau so viel wie jene Kanuten, die bei der Bundeswehr sind.

Zudem fehlt es zunehmend am Nachwuchs. Kanu ist eine extrem harte Sportart mit geringster Medienpräsenz. Vor allem im Canadier, bei dem man mit nur einem Paddel arbeitet, fehlt es an leidensfähigen Talenten. Hausgemachte Probleme kommen hinzu. Die Potsdamerin Katrin Wagner etwa weicht harten Aufgaben aus. Obwohl sie sehr gute Anlagen für das Boot hat, geht sie nur widerstrebend in den Einer, weil dort die Gegner stark sind und sie in Teambooten leichter zu Medaillen (und damit zur Sporthilfe) kommt. Es ist eine Frage der Einstellung. „Katrin muss sich auch mal im Einer durchbeißen“, zitiert die Deutsche Presseagnetur Bundestrainer Josef Capousek.

Aber ganz schlecht sieht es nun auch nicht aus. Capousek hat noch Ronald Rauhe. Der ist gerade 20, aber schon viermaliger Welt- und sechsmaliger Europameister. Rauhe und Tim Wieskötter. Die Zweier-Weltmeister über 500 m machen ohne großen Pomp ein Angebot: „Wenn der Trainer will, fahren wir 2004 in Athen sowohl über 500 m als auch 1000 m.“ Ein kräftezehrender Doppelstart. So reden echte Kanuten.

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