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Beim letzten Aufeinandertreffen mit der Schweiz 2020 befand sich die Nationalelf mitten im Umbruch.

© Markus Gilliar/GES/POOL

Das letzte Aufeinandertreffen mit der Schweiz: Als die deutsche Mannschaft den Teamgeist suchte

Im Herbst 2020 kam die deutsche Nationalelf gegen die Schweiz zweimal nicht über ein Unentschieden hinaus. Seitdem hat sich vieles zum Positiven gewendet.

Als die deutschen Fußballer das bislang letzte Mal auf die Schweiz trafen, war im Müngersdorfer Stadion in Köln jedes Wort zu verstehen. Im Oktober 2020 befand sich Deutschland kurz vor dem zweiten bundesweiten Lockdown infolge der Corona-Pandemie.

Auch der Profifußball hatte zwischendurch für zweieinhalb Monate pausiert, war dann im Mai unter strengen Hygiene-Auflagen aber fortgesetzt worden. Die Europameisterschaft wurde dennoch um ein Jahr verschoben, sodass auf Nationalmannschafts-Ebene im September die zweite Austragung der Nations League anstand.

So kam es, dass Toni Kroos sein 100. Länderspiel für die deutsche Nationalmannschaft in Köln ohne Zuschauer bestritt. Nach dem 3:3 gegen die Schweiz, bei dem man nach 26 Minuten bereits 0:2 hinten gelegen hatte, durch Tore von Timo Werner, Kai Havertz und Serge Gnabry aber gerade noch so das vierte Unentschieden im fünften Spiel der Gruppe A erringen konnte, sprach Bundestrainer Joachim Löw von einem verbesserten Auftritt.

Dabei ist das Spiel zum damaligen Zeitpunkt geprägt von Fehlern und einer besorgniserregenden Defensive. „Wir befinden uns noch immer in einem Prozess, haben eine junge Mannschaft. Wir lassen uns von unserem Weg nicht abbringen“, sagte Torschütze Havertz später.

Sowas darf auf dem Niveau nicht passieren. Das ist ärgerlich und geht mir auf den Sack.

İlkay Gündoğan, deutscher Nationalspieler

Im Gegensatz zum 1:1 im September schien die Stimmung in der Mannschaft tatsächlich positiver. „Man hat gemerkt, dass der Geist in der Mannschaft stimmt“, meinte Löw. Im St. Jakob-Park in Basel war rund einen Monat zuvor insgesamt wenig gesprochen worden auf dem Platz und wenn doch, war die Kommunikation von Frustration und gegenseitigem Anmotzen geprägt gewesen.

Selbst der sonst so ruhige İlkay Gündoğan, der die zwischenzeitliche Führung erzielt hatte, zeigte sich ungewohnt aufgebracht. „Ich bin etwas angepisst. Wir haben Bälle verloren, die wir ganz leicht festmachen können. Beim Gegentor haben wir den Ball schon gesichert und spielen ohne Bedrängnis einen Fehlpass“, wetterte der damals 29-Jährige. „Sowas darf auf dem Niveau nicht passieren. Das ist ärgerlich und geht mir auf den Sack.“ Doch es kam noch schlimmer: Als das deutsche Team am letzten Spieltag der Nations League gegen Spanien um den Gruppensieg spielte, setzte es eine historische 0:6-Pleite.

Das DFB-Team befand sich vor vier Jahren weit entfernt vom Gefühl der Unantastbarkeit. Nach dem Vorrundenaus bei der Weltmeisterschaft in Russland 2018 stand auch Trainer Löw stark in der Kritik. Dieser befand sich einerseits auf der Suche nach dem richtigen System, andererseits nach dem passenden Personal. Gelingen wollte es ihm im folgenden Jahr nicht mehr. Nach dem Achtelfinal-Aus bei der EM 2021 trat er schließlich zurück.

Heute stimmt bei der deutschen Nationalelf sicherlich noch nicht alles. In Sachen Teamgeist scheint sie nach den verkorksten vergangenen Jahren aber auf dem richtigen Weg. Der damals noch so unzufriedene Gündoğan, mittlerweile Kapitän, erklärte jüngst, sich innerhalb der Mannschaft extrem wohlzufühlen. So wohl wie lange nicht mehr.

Julian Nagelsmann hat alte Strukturen aufgebrochen

„Grundsätzlich ist die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen, die Harmonie in der Mannschaft auf einem extrem hohen Niveau und es macht einfach riesigen Spaß, in dieser Mannschaft zu spielen“, sagte Gündoğan nach dem Sieg über Ungarn. Er ist nicht der einzige Nationalspieler, der den guten Teamgeist in den vergangenen Tagen positiv herausstellte.

Unter Julian Nagelsmann scheint sich das DFB-Team gefunden zu haben. Und das, obwohl 17 Spieler des Aufgebots 2020 nicht zum diesjährigen EM-Kader gehören und der neue Bundestrainer mit seiner klaren Rollenverteilung durchaus alte Strukturen aufbrach.

Die deutsche Mannschaft wirkt nach den beiden Siegen in der Gruppenphase dennoch gefestigt. Ein wichtiger Aspekt, denn der kommende Gegner ist gewillt, den Gastgeber zu ärgern. „Da kommt ein anderes Kaliber auf uns zu, mit dieser super Offensive und der Euphorie. Aber wir gehen mit Selbstbewusstsein in das Spiel und freuen uns alle darauf“, sagte Xherdan Shaqiri, der die Schweiz mit seinem traumhaften Ausgleichstreffer gegen Schottland der K.-o.-Runde ganz nahe gebracht hat.

Wenn die deutsche Nationalelf an diesem Sonntag (21 Uhr/ARD und Magenta TV) im Frankfurter Waldstadion auf das Team von Trainer Murat Yakin trifft, kann sie diesmal auf die Unterstützung tausender deutscher Fans bauen. Toni Kroos bleibt bei seinem 112. Auftritt im Dress der deutschen Nationalmannschaft diesmal also eine Geisterkulisse erspart.

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