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Sport: Der Buhmann

Juan Pablo Montoya gilt in der Formel 1 als Rambo – und macht sie spannend

Mit Statistiken hat Michael Schumacher nicht viel im Sinn. Dass der sechsmalige Weltmeister fast alle Rekorde in der Formel 1 hält, ist für ihn „zwar schön, aber meine Gefühle bei jedem einzelnen Grand Prix zählen mehr“. Den sechsten Saisonerfolg am Sonntag auf dem Nürburgring bewertete Schumacher dennoch denkbar emotionslos. „Ich habe das perfekte Rennen genossen.“ Das konnte er auch deshalb, weil es mit Juan Pablo Montoya diesmal keinen Streit gab. Schon sechs Mal waren beide Fahrer bei Unfällen aneinander geraten. Diesmal aber traf Montoya auf einen anderen, auf Michaels Bruder Ralf.

Dem Kolumbianer wurde vorgeworfen, in der Kurve nach dem Start zu spät gebremst zu haben. Für den Teamkollegen bei BMW-Williams kam das Aus, Montoya blieb im Rennen. Aber Ralf Schumacher äußerte keine Kritik, auch Teamchef Frank Williams sah „einen normalen Rennunfall“. Dennoch war Montoya der Buhmann des Wochenendes.

Nach dem Zusammenprall erlebten die Fans nur ein Einzelzeitfahren. „Es sind noch 110 Punkte für Siege zu vergeben“, sagte Schumacher später, doch dieser zaghafte Versuch, für die folgenden Rennen ein wenig Spannung aufzubauen, kam nicht richtig an. Die spanische Zeitung „Sport“ titelte: „Eine triumphale Spazierfahrt für Michael Schumacher.“ Und Spazierfahrten sind eher langweilig.

Anders wäre das Urteil wohl ausgefallen, wenn es nicht der Jaguar-Fahrer Mark Webber gewesen wäre, der Schumacher einmal leicht touchierte, sondern Juan Pablo Montoya. So wie nach dem Crash eine Woche zuvor in Monte Carlo, bei dem Montoya ins Heck von Schumachers Ferrari gefahren war und ihn damit aus dem Rennen katapultiert hatte. Das hätte die Gemüter erhitzt. Dem sinkenden Interesse an der Formel ist allein mit Schumachers Siegen nicht mehr zu begegnen. Rambo Montoya dagegen als Gefahr für die Schumachers, insbesondere für den Champion Michael, nur das verspricht offensichtlich noch Spannung.

Montoya muss in dieser Situation für einiges herhalten. Er wird die Rolle des Immer-Schuldigen nicht mehr los. Das Gerücht über ihn, er würde aus dem Vertrag für die nächste Saison mit McLaren-Mercedes wieder aussteigen, weil das Team kein siegfähiges Rennauto mehr bauen könne, ist ein weiteres Beispiel dafür. An der Geschichte war nichts dran, das Dementi kam sofort, aber das half nur, die Geschichte einen Tag länger auf dem Markt zu halten. Der Name Montoya zieht besser als viele andere.

Über ihn, den abwechselnd Heißblütigen und Respektlosen, wurden am Nürburgring immer neue Geschichten in Umlauf gebracht. Ein RTL-Reporter fühlte sich in seiner „Bild“-Kolumne sogar „im Zirkus Sarrasani“, als er den großen, um Montoya versammelten Clan beschrieb. Bescheiden sei dagegen Schumacher mit seinem kleines Kreis. Für die nächsten Aufreger – vor dem Grand Prix am 13. Juni in Montreal – wird nun der Kanadier Jacques Villeneuve ins Spiel gebracht, dessen Comeback-Versuche für 2005 offensichtlich mehr als nur ein Gerücht sind. Auch er gilt nicht als Schumacher-Freund.

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