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Mit frohem Mut an die neuen Aufgaben. Bundestrainer Hansi Flick (links) startet in der nächsten Woche das Projekt Wiedergutmachung nach der verkorksten WM in Katar.

© IMAGO/Michael Weber

Die ersten Länderspiele nach der verkorksten WM: Hansi Flick nominiert fünf Neulinge

Bundestrainer Hansi Flick hat angekündigt, dass sich bei der Nationalmannschaft einiges ändern wird. Das dokumentiert er auch mit dem Kader für die Länderspiele gegen Peru und Belgien.

Als die deutsche Fußball-Nationalmannschaft erstmals in ihrer Länderspielgeschichte auf Peru traf, da sah sich Bundestrainer Helmut Schön mit einem ungewöhnlichen Vorschlag konfrontiert. Vor dem dritten Vorrundenspiel bei der Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko waren die Nationalspieler bei ihm vorstellig geworden. „Herr Schön“, baten sie, „lassen sie uns doch gegen Peru verlieren.“ Dann werde man Gruppenzweiter und spiele im Viertelfinale gegen die Brasilianer. „Die liegen uns doch mehr als die Engländer.“

Der Bundestrainer, so berichtet er es in seinen Memoiren, reagierte trotzig: Er stampfte mit dem Fuß auf und entgegnete wie ein störrisches Kind: „Ich will aber die Engländer haben.“

Und so kam es auch. Die Bundesdeutschen schlugen Peru durch drei Tore von Gerd Müller mit 3:1, wurden Gruppensieger und nahmen im ersten K.-o.-Spiel gegen England, wie von Helmut Schön erhofft, Revanche für das verlorene WM-Finale 1966.

Seit der Premiere vor bald 53 Jahren hat es kein Pflichtspiel der Nationalmannschaft gegen Peru mehr gegeben. Wenn beide Mannschaften am Samstag kommender Woche zum insgesamt dritten Mal aufeinandertreffen, dann handelt es sich wieder einmal nur um ein Freundschafts- respektive Testspiel. Genauso wie im September 2018.

Belanglos ist die Begegnung trotzdem nicht, so wie sie es auch vor fünf Jahren nicht war. Denn wieder trifft die Nationalmannschaft unmittelbar nach einer missglückten WM auf das Team aus Südamerika.

Auch 2018 waren die Deutschen, damals noch unter Bundestrainer Joachim Löw, in der Vorrunde gescheitert. Auch damals gab es viel aufzuarbeiten, als sich die Nationalspieler für die Spiele gegen Frankreich in der Nations League und eben gegen Peru erstmals nach der Weltmeisterschaft wieder versammelten.

Der erhoffte Neuaufbau ist allerdings – man muss es wohl so sagen – nur bedingt geglückt: Bei der EM 2021 war für Löw und sein Team bereits im Achtelfinale Schluss; in Katar 2022 reichte es, nun unter seinem Nachfolger Hansi Flick, erneut nicht zum Einzug in die K.-o.-Runde.

Einer von fünf Neuen. Josha Vagnoman (links) vom VfB Stuttgart zählt erstmals zum Aufgebot der A-Nationalmannschaft. Mit der U 21 gewann er 2021 den EM-Titel.

© IMAGO/pmk

Anders als Löw, der den Neuaufbau 2018 eher vorsichtig bis widerwillig angegangen ist, hat sich Flick zuletzt deutlich forscher positioniert. Seinen Willen zur Innovation hat er nun auch mit seinem ersten Post-WM-Kader dokumentiert.

Ins Aufgebot für die beiden Länderspiele gegen Peru (25. März in Mainz) und gegen Belgien (28. März in Köln) berief er gleich fünf Neulinge: Josha Vagnoman (VfB Stuttgart), Mergim Berisha (FC Augsburg), Marius Wolf (Borussia Dortmund), Felix Nmecha (VfL Wolfsburg) und Kevin Schade (FC Brentford).

Bei Löw standen 2018 nur drei Neue im ersten Kader nach der WM. Nico Schulz durfte gegen Peru in Sinsheim von Anfang an spielen (und erzielte kurz vor Schluss den Treffer zum 2:1-Endstand), im selben Spiel debütierten auch Thilo Kehrer und Kai Havertz, die beide in der zweiten Halbzeit eingewechselt wurden.

15 Spieler aus dem WM-Kader sind noch dabei

Im Großen und Ganzen aber setzte Joachim Löw erst einmal auf bewährte Kräfte. Aus dem Aufgebot der WM in Russland waren immerhin noch 17 Spieler (von 23) dabei. Bei Flick sind es lediglich 15 Spieler (von 26), die für Katar nominiert waren.

Schon vorab hatte er angekündigt, Thomas Müller erst einmal nicht mehr einzuladen. Andere Spieler (Julian Brandt, Youssoufa Moukoko, Karim Adeyemi, Manuel Neuer) sind verletzt oder verhindert (Ilkay Gündogan, der gerade Vater geworden ist). Aber Flick verzichtet auch auf Lukas Klostermann, Jonas Hofmann, Leroy Sané, Antonio Rüdiger und Niklas Süle. Dafür kehren Bernd Leno, Emre Can, Florian Wirtz und Timo Werner zurück, die bei der WM nicht dabei waren.

Weil die Deutschen als Gastgeber für die Europameisterschaft 2024 bereits qualifiziert sind, hat Flick den Vorteil, dass er in den nächsten 15 Monaten viel ausprobieren kann. Und er hat den Nachteil, dass seine Mannschaft bis dahin keine Pflichtspiele mehr bestreitet, in denen sie sich behaupten muss. Deshalb will er nun erst einmal viel ausprobieren und dann zeitig damit beginnen, eine Stammelf oder zumindest deren Achse für die EM zu finden.

„Die Herausforderung ist beides zu schaffen“, hat der Bundestrainer Anfang der Woche in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“ erklärt. „Wir wollen deutlich vor dem EM-Turnier sagen können: Das ist unser Stamm.“ Das wäre dann schon mal ein echter Fortschritt im Vergleich zur WM im vergangenen Jahr.

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